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EU-Reform: "Europas Regierungen haben versagt“

Kurz vor dem Referendum in Irland über den Vertrag zur EU-Reform hat der finnische Außenminister Alexander Stubb Europas Regierungen vorgeworfen, die Europäische Union öffentlich schlechtzumachen, statt für sie zu werben.

„Die EU muss oft als Sündenbock herhalten: Alles Schlechte kommt aus Brüssel, alles Gute haben wir den Mitgliedstaaten zu verdanken“, sagte er dem Tagesspiegel. Wer von Montag bis Samstag auf die EU schimpfe, könne am Sonntag kaum sagen, sie sei großartig. „Wir haben versagt, die EU als das größte Friedensprojekt in der Geschichte darzustellen.“ In Irland wird am Donnerstag über den Vertrag von Lissabon abgestimmt. Den Umfragen zufolge ist ein Scheitern des Referendums möglich.

Ohne den wirtschaftlichen Schub durch die EU könne kein europäischer Sozialstaat in seiner jetzigen Form existieren, betonte Stubb. Dies müsse man auch öffentlich sagen. Zugleich warnte er vor protektionistischen Tendenzen, die es derzeit in der EU gebe und die im Kern antieuropäisch seien. Auch Deutschland müsse seinen Markt unbürokratisch öffnen, beispielsweise für Arbeitnehmer aus Osteuropa, sagte der finnische Außenminister.

Außerdem forderte Stubb mehr Selbstbewusstsein im Verhältnis zu Russland: „Die Beziehungen zwischen der EU und Russland sind asymmetrisch. Wir boxen unterhalb unserer Gewichtsklasse.“ Dabei sei die EU fünfzehnmal so reich wie Russland, gebe siebenmal so viel für Verteidigung aus und habe dreimal so viele Einwohner. „Der einzige Weg nach vorn ist der, den wir auch in der EU gegangen sind: die Grenzen öffnen, also freien Handel ermöglichen und auf lange Sicht auch Visafreiheit gewährleisten.“ Mit geschlossenen Grenzen, Sanktionen und harten Worten ließen sich zudem Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Russland auf Dauer nicht voranbringen. Claudia von Salzen

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