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Politik: EU strebt mehr Einfluss in Kosovo an

Brüssel will nach Abschluss von Statusverhandlungen auch die Polizei führen

EU-Außenpolitikchef Javier Solana erwartet von der Führung in Kosovo die rasche Umsetzung demokratischer Reformen. Das wurde vor einem Besuch Solanas an diesem Mittwoch in der Kosovo-Hauptstadt Pristina deutlich, bei dem der Spanier unter anderem Präsident Ibrahim Rugova, Premierminister Bajram Kosumi und den Leiter der von den UN geführten Übergangsadministration Unmik, Soren Jessen-Petersen, treffen will. Im September oder Oktober sollen unter internationaler Vermittlung Gespräche zwischen Belgrad und Pristina über den endgültigen Status des Kosovo beginnen. Nach Sicherheitsratsresolution 1244 von Juni 1999 gehört das UN-Protektorat zu Serbien-Montenegro.

Hinter den Kulissen bereitet sich die EU bereits auf die Zeit nach dem Ende der Statusverhandlungen vor. In einem von Mitarbeitern Solanas und Erweiterungskommissar Olli Rehns erarbeiteten Papier heißt es, die EU müsse „die internationale Führungsrolle beim Voranbringen der Reformen“ in die Hand nehmen. Auch die derzeit von Unmik geführte Polizei solle dann von der EU übernommen werden. Das Papier liegt dem Tagesspiegel vor.

Brüssel reagiert mit seinen Plänen auf den Anfang September erwarteten Bericht des UN-Sondergesandten für das Kosovo, Kai Eide, der im Juni von Generalsekretär Kofi Annan mit einer Beurteilung der politischen Lage in der Provinz beauftragt wurde. Sollte Eide ein insgesamt positives Fazit ziehen, würde Annan mit der Ernennung eines Statusvermittlers den Startschuss für Verhandlungen setzen. In diplomatischen Kreisen in Pristina waren zuletzt der frühere britische EU-Außenkommissar Chris Patten und der österreichische EU-Kosovo-Vermittler im Vorfeld des Krieges 1999, Wolfgang Petritsch, als Anwärter genannt worden.

Ihren Anspruch auf Übernahme des UN-Protektorats leitet die Union aus der Bedeutung ab, die der EU-Annäherungsprozess für die Zukunft der Region habe. Die Autoren warnen davor, dass eine erneute Übergangslösung, „bei der viele Fragen offen bleiben“, zu „einer feindlichen Haltung gegenüber der künftigen internationalen Präsenz“ führen könne. Da der Sicherheitsrat über den endgültigen völkerrechtlichen Status des Kosovo entscheiden muss, wird in der zweiten Jahreshälfte 2006 mit einem Beschluss gerechnet, der Resolution 1244 ersetzen und die tragende Rolle der EU in einem Unmik-Nachfolgeprotektorat festschreiben könnte.

Markus Bickel[Sarajevo]

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