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EU und Türkei: Beitrittsgespräche haben begonnen

Mehr als 40 Jahre nach dem Beitrittsantrag der Türkei sind heute die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Regierung in Ankara über eine EU-Vollmitgliedschaft formell eröffnet worden. Auch mit Kroatien wird seit heute verhandelt.

Luxemburg - Der Beginn der Gespräche mit der Türkei zeige, dass die EU sich nicht auf Geschichte, sondern auf Werte gründe, sagte der britische Außenminister und EU-Ratspräsident Jack Straw nach dem offiziellen Beginn der Verhandlungen in Luxemburg. Der türkische Außenminister Abdullah Gül erklärte: «Ich hoffe, das wird gut für die Türkei, für Europa und für die ganze Welt sein.» Direkt im Anschluss gab die EU den Startschuss für Beitrittsverhandlungen mit Kroatien.

Straw sprach nach einem mehr als 30-stündigen Krisentreffen der 25 EU-Außenminister von einem «historischen Tag». Jede Erweiterung habe die vorhandenen Mitgliedstaaten stärker und wohlhabender gemacht. «Ich habe absolut keine Zweifel, dass dies auch jetzt wieder so sein wird.» Außenminister Joschka Fischer zeigte sich erleichtert über den Start der Verhandlungen. «Europa hat heute gewonnen.» Es sei gelungen, einen einstimmigen Beschluss über den Rahmen der Verhandlungen mit der Türkei herzustellen. Experten gehen davon aus, dass die Beitrittsverhandlungen rund 10 Jahre dauern werden.

Vorausgegangen war ein verzweifeltes Ringen der EU-Außenminister um eine Beilegung des Streits mit Österreich, das sich bis Montagnachmittag geweigert hatte, die Vollmitgliedschaft als Verhandlungsziel festzuschreiben. Auf Druck ihrer 24 Amtskollegen akzeptierte die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik schließlich aber im Text des Verhandlungsrahmens den Satz: «Gemeinsames Ziel der Verhandlungen ist die Mitgliedschaft».

Österreich setzte aber einen Verweis auf den Artikel 49 des EU- Vertrages durch, in dem die Anforderungen an jedes neue Mitglied detailliert aufgelistet sind. Zudem wurde vereinbart, dass die «Aufnahmefähigkeit» der EU ein wichtiges Kriterium für jede neue Erweiterung sei. Plassnik zeigte sich nach am Ende der Gespräche zufrieden. Die Aufnahmefähigkeit der Union sei dank österreichischen Drängens «zu einem Thema geworden, sie ist in unser politisches Bewusstsein gerückt».

In den frühen Morgenstunden eröffnete Straw offiziell die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien, die im März dieses Jahres wegen mangelnder Kooperation Zagrebs mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal auf Eis gelegt worden waren. Die Chefanklägerin des Tribunals in Den Haag, Carla del Ponte, bewertete die Bereitschaft zur Zusammenarbeit am Montag als «zufrieden stellend». Die Regierung Kroatiens scheine scheine den politischen Willen zu haben, den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ante Gotovina zu finden, zu verhaften und auszuliefern.

Offiziell wurde zwar ein Zusammenhang zwischen der Einigung in der Türkei-Frage und dem Beschluss zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Kroatien dementiert. Diplomaten betonten aber am Rande der Krisensitzung, die Entscheidung zur Verhandlungsaufnahme mit Zagreb habe das Einlenken Österreichs begünstigt. Kroatiens Ministerpräsident Ivo Sanader sprach von einem großen Tag für sein Land. Kroatien werde den Reformkurs fortsetzen und weiter mit dem Tribunal voll kooperieren. (tso/dpa)

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