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EU-USA-Gipfel: Nur keine Verbindlichkeiten

Die EU und die USA haben erstmals ein gemeinsames Vorgehen gegen den Klimawandel vereinbart - ohne konkrete Vorgaben. EU-Ratspräsidentin Angela Merkel begrüßte dennoch das vorsichtige Umdenken in den USA.

Washington - Es war ein treffliches Bild zum Abschluss eines langen Tages. In der von Marmorsäulen gesäumten Kongress-Bibliothek in Washington ließ sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montagabend vor der vergilbten Weltkarte ablichten, auf welcher der deutsche Kartograph Martin Waldseemüller vor 500 Jahren als Erster den Begriff "America" für den kurz zuvor entdeckten Kontinent verzeichnet hatte. Die Kanzlerin posierte also vor jenem Planeten, um dessen Rettung es zuvor beim EU-USA-Gipfel gegangen war. Auf Treiben der EU-Ratspräsidentin Merkel vereinbarten EU und USA erstmals ein gemeinsames Vorgehen gegen den Klimawandel. Nach jahrelangem Zögern gehen die USA einen kleinen Schritt auf die Europäer zu.

Verbindliche Vorgaben enthält das siebenseitige Dokument zur Klima- und Energiepolitik nicht. Auf Seiten der EU wurde es allerdings schon als Fortschritt gewertet, dass die Erklärung überhaupt den Klimawandel ausdrücklich als Problem benennt. Schließlich hatte die Regierung von US-Präsident George W. Bush das Phänomen noch vor wenigen Jahren rundweg als unwissenschaftliches Hirngespinst in Abrede gestellt. "Man sollte sehen, dass das Glas sich mit Wasser füllt", sagte Merkel über das vorsichtige Umdenken in den USA. Bei einem Auftritt mit Merkel im Rosengarten des Weißen Hauses rang sich Bush nun zu der Aussage durch, "dass wir ein Problem mit den Treibhausgasen haben".

Einig sind sich beide Seiten, dass der Klimawandel Anlass zur Sorge gibt und dass "die vom Menschen verursachten Treibhausgase reduziert werden müssen", wie es in der Abschlusserklärung heißt. Sehr unterschiedliche Vorstellungen herrschen in der Frage, wie mit der Gefahr umzugehen sei. Die EU sieht sich als weltweite Vorreiterin und will bis 2020 den Ausstoß an Treibhausgasen um 20 Prozent senken.

Bush setzt auf Umwelttechnik

Bush lehnt solche Vorgaben ab, weil sie die Wirtschaft belasten könnten. Er setzt auf die Entwicklung von Umwelttechnik: Energien soll effizienter ausgenutzt werden, mehr Autos sollen mit Biodiesel fahren, Strom soll aus schadstoffarmer Kohle gewonnen werden. Nicht gesetzliche Emissionsbeschränkungen, sondern wirtschaftliche profitable Neuentwicklungen in der Technologie sollen die Erderwärmung lindern. Jedes Land solle seinen eigenen Weg finden, um die Ziele zu erreichen, heißt die Kompromissformel in der Abschlusserklärung.

Dass sich Bush nun zum Vorgehen gegen den Klimawandel bekennt, liegt nicht nur am beharrlichen Werben von Angela Merkel, die bei diesem Thema nach Angaben aus ihrem Umfeld "nicht locker lassen" wolle. Bush reagiert vor allem auf einen Stimmungsumschwung, der die USA in den vergangenen Monaten erfasst hat. Der Klimawandel ist zum großen Thema in den Medien geworden, es findet Aufmerksamkeit.

Vorreiter Kalifornien

Während das Weiße Haus in kleinen Schritten eine neue Umweltpolitik sondiert, preschen andere vor. Ein gutes Dutzend US-Bundesstaaten hat eigene Gesetze zur Begrenzung des Schadstoffausstoßes erlassen - allen voran der größte Staat Kalifornien. Selbst in Teilen der US-Wirtschaft zeichnet sich eine Kehrtwende ab. Kürzlich stellten die Vorstandsvorsitzenden von neun großen Konzernen eine eigene Initiative zum Klimaschutz vor, die verbindliche Vorschriften zur Verringerung der Treibhausgase vorsieht.

Noch vor wenigen Jahren lehnte die Wirtschaft staatliche Interventionen etwa zum Emissionsschutz strikt ab, weil sie Kosten und Bürokratie fürchteten. Der Gesinnungswandel hat mehrere Gründe. Neue Technologien wie etwa Bio-Sprit versprechen gute Geschäfte. Zudem dürften die US-Konzerne fürchten, in der Umwelttechnik den Anschluss an internationale Bewerber zu verlieren, deren Heimatländer eine aktive Klimapolitik betreiben. Hinzu kommen die Initiativen der Bundesstaaten. Der Wirtschaft wären einheitliche Bundes-Regelungen lieber als ein Wirrwarr aus Einzelbestimmungen. (Von Peter Wütherich, AFP)

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