zum Hauptinhalt
Treffen in London. Der polnische EU-Ratschef Donald Tusk (links) und der britische Regierungschef David Cameron.

© Facundo Arrizabalaga/dpa

EU-Verhandlungen um Brexit: David Camerons Spiel beginnt

Der britische Premier David Cameron will durch Kürzungen bei Sozialleistungen für EU-Ausländer den Verbleib seines Landes in der EU sichern. Doch dazu braucht er die Zustimmung der EU-Partner.

Wer beim britischen Wettanbieter Ladbrokes auf den Termin des Referendums über den Verbleib Großbritanniens in der EU wetten will, stellt fest, dass der kommende Juni derzeit als Favorit gilt. Ob es tatsächlich so kommt, dürfte sich in diesen Tagen entscheiden. An diesem Dienstag wird EU-Ratschef Donald Tusk möglicherweise einen Vorschlag zur EU-Reform machen, der einer Einigung mit dem britischen Regierungschef David Cameron beim Brüsseler Gipfel am 18. und 19. Februar den Weg ebnen soll.

EU-Kommissionssprecher: Alle 28 EU-Partner müssen zustimmen

Käme es beim EU-Gipfel zu einer Verständigung zwischen Cameron und seinen europäischen Partnern, dann könnte der britische Premier tatsächlich noch vor der Sommerpause das Referendum abhalten und damit die Erwartungen der Buchmacher bestätigen. Doch am Montag zeigte sich, dass sich eine Einigung zwischen Cameron und den EU-Partnern noch über den Februar hinaus verzögern könnte. „Nichts ist vereinbart, bevor alles vereinbart ist“, sagte der Chefsprecher der EU-Kommission, Margaritis Schinas, am Montag in Brüssel. Sowohl eine Einigung im Februar als auch ein Deal zu einem späteren Zeitpunkt sei denkbar, so Schinas. Er wies darauf hin, dass alle 28 EU-Staaten dem Deal mit London zustimmen müssten, mit dessen Hilfe ein „Brexit“ verhindert werden soll.

Camerons Büro spricht von Einigung über "Notbremse"

Der Kommissionssprecher reagierte damit auf eine Darstellung der Londoner Regierung, der zufolge es am Sonntag bei einem Treffen zwischen Cameron und Tusk einen Durchbruch gegeben habe. Cameron habe sich mit Tusk auf die Modalitäten einer neuen „Notbremse“ geeinigt, die die Kürzung von Sozialleistungen für zugewanderte EU-Ausländer erlauben soll, hatte das Büro des britischen Regierungschefs am Sonntagabend mitgeteilt. Die „Notbremse“ könnte laut Medienberichten bei starker Zuwanderung gezogen werden, wenn diese soziale Sicherungssysteme oder öffentliche Dienstleistungen erheblich beeinträchtigt. Cameron fordert laut Diplomaten, dass die „Notbremse“ direkt nach der Volksabstimmung aktiviert werden kann. Der Mechanismus sei nicht auf Großbritannien beschränkt, sondern stehe allen EU-Staaten offen, berichteten mehrere Medien. Aktiviert werden könne er nur mit Zustimmung des Ministerrats, in dem die EU-Mitgliedstaaten vertreten sind.

Doch ähnlich wie Kommissionssprecher Schinas wollte sich auch Tusk, der Verhandlungsführer auf der Seite der EU-Partner Großbritanniens, nach dem Treffen mit Cameron noch nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Es gebe noch keinen Deal, twitterte Tusk am Sonntagabend. In den nächsten 24 Stunden müsse noch "intensive Arbeit" geleistet werden, teilte der EU-Ratschef weiter mit.

Treffen mit Polens Regierungschefin Szydlo am Donnerstag

Die Vorschläge zur EU-Reform, die Tusk voraussichtlich an diesem Dienstag präsentieren will, bilden lediglich die Grundlage für weitere Diskussionen mit den EU-Partnern. Die von Cameron ins Auge gefasste Einschränkung der Sozialleistungen zielt vor allem auf Zuwanderer aus Osteuropa - und folglich hatte es in erster Linie aus Osteuropa Kritik an Camerons Plänen gegeben. Vor dem entscheidenden Februar-Gipfel will Cameron am kommenden Donnerstag die polnische Regierungschefin Beata Szydlo in London treffen. Und dann haben am 12. Februar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Cameron, die am 12. Februar als Ehrengäste beim traditionellen Matthiae-Mahl in Hamburg eingeladen sind, in der Hansestadt die Gelegenheit, über Wege zur Abwendung des "Brexit" zu beraten. Fest stehen jetzt schon zwei Dinge: Sämtliche Gespräche, die Cameron in den nächsten Wochen mit den EU-Partnern führt, dürften in hohem Maß von Verhandlungstaktik geprägt sein. Und je mehr sich Cameron für die Interessen des Vereinigten Königreichs in die Bresche werfen muss, umso mehr kann er in der Heimat beim britischen Wahlvolk punkten. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false