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Mit einem Fiskalpakt soll die Gemeinschaftswährung gestärkt werden.

© dpa

Euro-Fiskalpakt: EU-Parlamentarier verlangen Mitspracherecht bei Sanktionen gegen Schuldenstaaten

Der Entwurf zum Fiskalpakt missachte die Regeln der demokratischen Kontrolle im EU-Parlament, kritisieren die Abgeordneten.

Berlin - Nach ihrer Begegnung mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti hat sich Angela Merkel am Mittwoch optimistisch gezeigt, dass der geplante Fiskalpakt der EU-Staaten demnächst unter Dach und Fach kommt. Bis zum nächsten EU-Gipfel am 30. Januar rechne sie mit erheblichen Fortschritten bei den Verhandlungen, erklärte die Kanzlerin. Doch vor der nächsten Verhandlungsrunde an diesem Donnerstag ist ein handfester Streit zwischen dem EU-Parlament und den Verhandlungsdelegationen der EU-Staaten entbrannt, die derzeit die juristischen Feinheiten des Paktes besprechen. Der geplante Fiskalpakt könnte möglicherweise nicht mit dem bisher bestehenden EU-Recht vereinbar sein, lautet die Befürchtung der Europaparlamentarier.

Das Europaparlament ist in der Arbeitsgruppe bei den Verhandlungen über den zwischenstaatlichen Vertrag zwar mit drei Abgeordneten vertreten. Herren des Verfahrens sind aber die EU-Staaten. Der britische Premierminister David Cameron hatte beim letzten EU-Gipfel im Dezember eine Teilnahme an der Reform abgelehnt. Die beteiligten Staaten innerhalb und außerhalb der Euro-Zone wollen sich nun verpflichten, Schuldenbremsen nach deutschem Muster festzuschreiben und quasi-automatischen Sanktionen für Defizitsünder zuzustimmen; der Fiskalpakt soll dazu beitragen, die Märkte von dem Willen der EU-Staaten zu überzeugen, bei der Schuldenbekämpfung enger zusammenzuarbeiten.

Seit dem Start der Beratungen im Dezember auf Expertenebene ist allerdings das ursprüngliche Ziel des Paktes verwässert worden: Dem Entwurf für die nächste Verhandlungsrunde an diesem Donnerstag zufolge wurde die Verpflichtung für die Teilnehmerstaaten abgeschwächt, Schuldenbremsen in ihren Verfassungen zu verankern. Zuvor hatten mehrere Länder – darunter die Euro-Mitglieder Irland und Finnland – signalisiert, dass sie im Fall einer Verfassungsänderung Referenden abhalten müssten. Ein solches Verfahren birgt allerdings einige Risiken: So hatten die Iren in der Vergangenheit mehrmals EU-Reformen zunächst in Volksabstimmungen abgelehnt. Anschließend stimmten sie den Neuerungen dann doch in einem zweiten Schritt zu, nachdem sie in Nachverhandlungen Zugeständnisse erreicht hatten. So brauchten die Iren jeweils zwei Anläufe, um dem EU-Vertrag von Nizza, der den Grundstein für die Osterweiterung legte, und dem derzeit gültigen EU-Reformvertrag von Lissabon zuzustimmen.

Es geht auch um Fragen der Machtverteilung innerhalb der EU.

In dem neuen Entwurf wird zudem die Rolle der EU-Kommission beschnitten, wenn es darum geht, Defizitsünder zu bestrafen. Vor der letzten Verhandlungsrunde in der vergangenen Woche hatte es im Textentwurf noch geheißen, dass die Brüsseler Behörde Defizitsünder vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagen kann. Allerdings hatte sich Frankreich daran gestört, dass die Kommission bei der Kontrolle von Krisenstaaten eine zentrale Rolle spielt. In dem aktuellen Entwurf wurden die Durchgriffsrechte der Kommission nun abgeschwächt: Nicht mehr die EU-Kommission, sondern die Mitgliedstaaten sollen Defizitsünder vor dem EuGH verklagen können.

Aber nicht nur die EU-Kommission muss befürchten, künftig bei der Umsetzung des Fiskalpaktes ausgebremst zu werden. Auch die Europaabgeordneten kritisieren den jüngsten Entwurf. Das Papier sei „nicht akzeptabel“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des CDU-Politikers Elmar Brok, des früheren belgischen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt und des italienischen Sozialdemokraten Roberto Gualtieri. Die drei EU-Abgeordneten vertreten das Europaparlament als Beobachter in der Fiskalpakt-Arbeitsgruppe. In der Protestnote, die auch vom Kovorsitzenden der Grünen im EU-Parlament, Daniel Cohn-Bendit, unterzeichnet wurde, wird davor gewarnt, bei der Verhängung von Strafen gegen Defizitsünder gegen die sonst in der EU üblichen Entscheidungsverfahren zu verstoßen. Nach dem vorliegenden Entwurf würden die Regeln der demokratischen Kontrolle missachtet, schreiben die EU-Abgeordneten. Sprich: Das EU-Parlament will auch künftig bei Sanktionen gegen Schuldenstaaten mitreden können, die gegen den Fiskalpakt verstoßen.

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