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Die Machtworte der Kanzlerin klingen oft nicht nach solchen.

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Euro-Krise: Merkels leise Machtworte

Die Kanzlerin zieht es in der Euro-Debatte vor, ihre Machtworte dezent vorzutragen - auch wenn das Griechenland-Bashing aus der CSU immer lauter wird. Andere CDU-Politiker werden deutlicher.

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Im Lateinischen gibt es das schöne Wort von der „Causa finita“, worunter man das letzte Wort des obersten Hirten versteht: „Die Sache ist abgeschlossen.“ Jede weitere Diskussion ist damit sinnlos. Von der deutschen Kanzlerin erwartet man zwar häufiger eine Causa finita. Allein, Angela Merkel ist nicht der Papst und ihr steht im Konflikt mit ihren Koalitionspartnern und Regierungsmitgliedern letztlich nur der Hinweis auf ihre Richtlinienkompetenz zu. Und auch die ist eine eher unbestimmte Form des berühmten Machtwortes. Weshalb Merkels Machtworte meist nicht nach solchen klingen. In der Euro-Krise möge „jeder seine Worte wägen“, hatte die Kanzlerin etwa am Sonntag zum massiven Griechenland-Bashing gesagt, das seit Wochen vor allem aus München zu hören ist. Und man konnte allenfalls ahnen, was sie meint, nämlich dass sie Athen so lange es irgend möglich ist, in der Eurozone halten und daran auch nicht rütteln will.

Dass Merkels bayerische Koalitionspartner die Bedeutung des Kanzlerinnenwortes verstanden haben, darüber macht man sich indes in der CDU keinerlei Illusionen. Zwar gab CSU-Chef Horst Seehofer am Montag den Staatsmann, in dem er den Griechenland-Bericht der Troika anführte, den man zur Grundlage für weitere Hilfen für Athen nehmen wolle. Doch in Berlin hat man sich inzwischen daran gewöhnt, dass der CSU-Vorsitzende durchaus in der Lage ist, binnen weniger Tage vom Staatsmann zum Landtagswahlkämpfer zu werden. Zumal er ein klares Wort über seinen Generalsekretär Alexander Dobrindt und dessen Ansicht, dass die Drachme 2013 in Athen wieder zum Zahlungsmittel werden wird, vermieden hatte.

Video: Koalition streitet über "Griechen-Mobbing"

Ratlosigkeit herrschte am Montag beim Treffen der obersten Gremien der CDU. Dass die Schwesterpartei mit Blick auf die in einem Jahr stattfindende Landtagswahl Härte demonstrieren will, scheint klar. Aber wie kann man sie stoppen? Eine Antwort fand sich nicht. Dafür registrierten Teilnehmer der Montagsrunde einmütige Unterstützung, als Merkel in deutlichen Worten wiederholte, was sie bereits Tage zuvor kundgetan hatte, nämlich den Willen zur Erhaltung der Eurozone, inklusive Griechenland.

Zustimmung gab es offenbar auch, als Merkel von der außenpolitischen Verantwortung sprach, die Deutschland habe und an deren Wahrnehmung außerhalb Deutschlands schon Zweifel aufkämen, wenn sich führende Vertreter der Koalition mit abfälligen Bemerkungen über die Reformbestrebungen in Athen und die griechische Zukunft in Europa vernehmen ließen.

Zitiert wird Merkel außerdem mit dem Hinweis, Deutschland sei keineswegs fehlerlos, weshalb man auch nicht so tun solle, als ob „wir das Maß aller Dinge wären“.

Berlin und Paris suchen den Schulterschluss

Augen zu und durch? In der CDU gibt es Zweifel an der Loyalität der Schwesterpartei CSU in der Euro-Debatte.
Augen zu und durch? In der CDU gibt es Zweifel an der Loyalität der Schwesterpartei CSU in der Euro-Debatte.

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Stellvertretend für viele führende CDU-Vertreter betonte Unionsfraktionsvize Michael Meister am Montag, die Debatte über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone müsse beendet werden. „Darüber zu spekulieren, ob man Griechenland nun in der Währungsunion hält oder nicht, halte ich für absolut kontraproduktiv“, sagte er. Zudem warnte er, dass es einen Austritt Griechenlands aus dem Euro „nicht zum Nulltarif geben“ werde. Die Spekulationen über einen solchen Austritt verglich Meister mit dem Unwesen nächtlicher Brandstifter, die ausprobieren wollten, ob die Feuerwehr auch tatsächlich einsatzbereit sei.

Video: Koalition streitet über "Griechen-Mobbing"

Offen zeigte sich Meister allerdings für fortgesetzte Hilfen an Athen, wenn dort mehrere Bedingungen beachtet würden: So müsse unter anderem das mit den internationalen Geldgebern vereinbarte Reformprogramm abgearbeitet werden und der Internationale Währungsfonds als Geldgeber müsse weiter an Bord bleiben. Vor allem forderte Meister, dass das Nominalvolumen des Hilfspakets für Griechenland „nicht verhandelbar“ sein dürfe.

Aufatmen konnte man am Montag im Thomas-Dehler-Haus, der Zentrale der FDP, registrieren. Außenminister Guido Westerwelle hatte am Wochenende die scharfen Töne des CSU-Generalsekretärs sofort als töricht abgekanzelt, was allgemein im politischen Berlin als wohltuende Äußerung mit klarer europapolitischer Ausrichtung der FDP verstanden wurde. Auch Parteichef Philipp Rösler, der ebenfalls im Sommer durch lautstarke Spekulationen über eine Trennung Europas von Griechenland vernommen wurde, ließ an diesem Wochenende keine solchen Töne hören. Die Liberalen stehen also derzeit – anders als die CSU – nicht im Verdacht europapolitischer Unsicherheit.

Den Schulterschluss suchen in Sachen Griechenland derweil auch Berlin und Paris. Am Montag beschlossen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein französischer Amtskollege Pierre Moscovici die Einsetzung eines gemeinsamen Arbeitsstabes. Schäuble sagte, dass in dem Gremium „gemeinsame Entscheidungen“ auf der Grundlage der Gespräche Merkels und des französischen Staatschef François Hollande mit Griechenlands Premier Antonis Samaras getroffen werden sollen. Damit bahnt sich im deutsch-französischen Verhältnis nach dem Machtwechsel in Paris wieder eine Rückkehr zu einer engeren Abstimmung in der Euro-Krise an, wie sie zuvor Merkel und Ex-Präsident Nicolas Sarkozy gepflegt hatte.

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