zum Hauptinhalt
Ein Dilemma: Schwächelnde Euro-Staaten sollen einerseits Reformen durchsetzen, aber gleichzeitig auch kurzfristig ihre finanzielle Schieflage beheben.

© dpa

Euro-Krise: EU diskutiert über Kredite für Krisenländer

Reformen im Gegenzug für finanzielle Anreize - das ist die Idee, die hinter einem Projekt zur Erneuerung der Euro-Zone steht, das Kanzlerin Merkel beim kommenden EU-Gipfel voranbringen will. Diese Woche diskutierten die "Sherpas" von Merkel und Co. schon einmal über die Details. Dabei ging es auch um zinsgünstige Kredite für schwächelnde Staaten.

Vor dem nächsten EU-Gipfel am 19. und 20. Dezember in Brüssel beraten die Staaten der Euro-Zone über zinsgünstige Kredite für europäische Krisenstaaten. Bei einem Vorbereitungstreffen der Unterhändler der Staats- und Regierungschefs drehte sich zu Beginn der Woche in Brüssel die Debatte um die Frage, ob zinsgünstige Kredite einen Anreiz für Reformen in den angeschlagenen Ländern darstellen könnten. Für die Zinserleichterungen würden bei diesem Szenario letztlich diejenigen Staaten der Euro-Zone aufkommen, welche die Kredite vergeben.

Auf dem Tisch der "Sherpas", die am vergangenen Dienstag in Brüssel im Namen der Staats- und Regierungschefs über die Zukunft der Euro-Zone diskutierten, lag ein Arbeitspapier von EU-Ratschef Herman Van Rompuy. In dem Papier wurden Kredite neben Subventionen und Bürgschaften als eine Option für Finanzhilfen an schwächelnde Euro-Staaten genannt. Spezielle Kredite an reformbedürfige Länder würden wegen des Nachlasses im Vergleich zum marktüblichen Zins „begrenzte Finanztransfers“ zwischen den Euro-Staaten beinhalten, heißt es in dem Papier.

Die Beratungen sind Bestandteil der Diskussion über so genannte Vertragspartnerschaften - ein Projekt in der Euro-Zone, hinter dem vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht. Schon vor einem knappen Jahr hatte Merkel in Brüssel ihren Kollegen ins Gewissen geredet und gefordert, dass sämtliche Länder des gemeinsamen Währungsraumes Reformanstrengungen unternehmen sollten - beispielsweise beim Arbeitsmarkt oder bei der Effizienz der öffentlichen Verwaltungen. Die Idee der Partnerschaften besteht darin, dass sich die in Frage kommenden Länder der Euro-Zone vertraglich gegenüber der EU-Kommission zu entsprechenden Reformen verpflichten und im Gegenzug finanzielle Anreize erhalten. Beim bevorstehenden Gipfel in Brüssel will die Kanzlerin die Diskussion über die Vertragspartnerschaften weiter voranbringen.

Völlig unklar ist allerdings, wie die milliardenschweren Anreize für die angeschlagenen Länder finanziert werden sollen. Im Mai hatte Frankreichs Staatschef Francois Hollande angeregt, ein eigenes Budget für die Euro-Zone zu schaffen, doch Deutschland steht einem solchen Vorhaben skeptisch gegenüber. Auch eine Finanzierung aus dem bestehenden EU-Haushalt, der von sämtlichen 28 Mitgliedstaaten gespeist wird, dürfte schwierig werden. Bei dem Treffen der "Sherpas" hätten die Vertreter mehrerer Mitgliedstaaten klar gemacht, dass das EU-Budget für die geplanten Finanzhilfen nicht zur Verfügung gestellt werden dürfe, sagte ein hoher EU-Beamter dem Tagesspiegel.

Der europapolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Manuel Sarrazin, kritisierte unterdessen, dass Merkels Idee der Vertragspartnerschaften "ein Placebo ohne Wirkung" sei. Mit den Reformverträgen würden "weitere unnötige Parallelstrukturen" in der Euro-Zone geschaffen, monierte der Grünen-Politiker. Im vergangenen Mai hatte die EU-Kommission im Zuge der länderspezifischen Empfehlungen im Falle Frankreichs eine Senkung der Arbeitskosten, eine Lockerung des Kündigungsschutzes und eine Reform des Rentensystems gefordert. Regierungschef Hollande entgegnete allerdings, die Brüsseler Kommission könne "nicht diktieren, was wir zu tun haben".

Zur Startseite