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Engagiert für Europa. Guido Westerwelle geht seit Monaten mit den Griechenland-Kritikern hart ins Gericht.

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Euro-Krise: Westerwelle zeigt Statur

In der Schuldenkrise profiliert sich Außenminister Guido Westerwelle als pro-europäisch. Nun stellen sich weite Teile der FDP hinter seinen Kurs - manche Liberale loben ihn gar in den höchsten Tönen.

Von
  • Hans Monath
  • Antje Sirleschtov

Die Botschaften passten so harmonisch zueinander, als hätte es in Bezug auf die Rettung Griechenlands nie eine Differenz zwischen Philipp Rösler und Guido Westerwelle gegeben. „Wir stehen für ein starkes gemeinsames Europa mit einer stabilen Währung, das ist für uns eine Herzensangelegenheit“, bekannte Wirtschaftsminister Rösler Anfang dieser Woche auf der Botschafterkonferenz des Auswärtigen Amtes. So deutlich wie zuvor nur Hausherr Westerwelle distanzierte sich der FDP-Chef dann von den Austrittsaufforderungen der CSU-Politiker Alexander Dobrindt und Markus Söder an die Adresse Griechenlands. Es sei „gefährlich“, wenn ein anderer Eindruck erweckt werde, warnte der glücklose FDP-Chef: Europa und die Eurozone seien mehr als nur eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzzone.

Der Außenminister durfte sich in diesem Moment bestätigt fühlen. Denn Attacken auf die vermeintlich reformunfähigen Griechen waren zuvor nicht nur aus Bayern gefahren worden. Mit seinem Satz, der Austritt Griechenlands habe seinen Schrecken verloren, erweckte der Wirtschaftsminister des größten EU-Mitglieds selbst den Eindruck, er habe das Krisenland schon abgeschrieben. Westerwelle dagegen plädierte sogar dafür, Griechenland mehr Zeit zu geben, um die Reformauflagen zu erfüllen.

Vor einem Jahr hätten in der FDP nur wenige darauf gewettet, dass sich Westerwelle in einer zentralen Frage gegen seinen Nachfolger als Parteichef durchsetzen würde. Im Gegenteil: Weil der erst wenige Monate zuvor als Parteichef abgetretene Außenminister Fehler machte, demütigte Rösler bei einer Klausur der FDP-Bundestagsfraktion in Bensberg seinen Vorgänger und bescheinigte ihm gönnerhaft „positives Potenzial“ als Minister. Er könne trotz seiner verunglückten Libyen-Politik im Amt bleiben, verkündete der Jüngere damals. Den außenpolitischen Kurs der Liberalen aber bestimme er als Parteichef, fügte er hinzu.

Westerwelle musste sich fügen, denn einige Liberale betrieben damals sogar seinen Sturz. Dass er politisch kämpfen kann, zeigte er schon drei Monate später auf dem FDP-Parteitag in Frankfurt am Main. Mit einer leidenschaftlichen Rede plädierte er für die Rettung des Euro. Er widersprach damit nicht nur Darstellungen der Gegner des Rettungsschirms ESM, die argumentierten, Bundestagsfraktion und Parteitag würden nicht den Willen der Basis repräsentieren. Westerwelle stellte sich damit auch dem europapolitischen Schlingerkurs seines Nachfolgers entgegen. Der hatte Insolvenzszenarien für Griechenland ins Spiel gebracht und damit den Europakritikern in den eigenen Reihen Nahrung gegeben. Europa habe seinen Preis, rief Westerwelle damals: „Wer das vergisst, macht einen historischen Fehler". Rösler saß auf dem Podium und tat so, als sei er nicht gemeint.

"Er setzt die Tradition von Hans-Dietrich Genscher fort"

Engagiert für Europa. Guido Westerwelle geht seit Monaten mit den Griechenland-Kritikern hart ins Gericht. Foto: Valda Kalnina/dpa
Engagiert für Europa. Guido Westerwelle geht seit Monaten mit den Griechenland-Kritikern hart ins Gericht. Foto: Valda Kalnina/dpa

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Auch in seinem Amt als Außenminister bemüht sich Westerwelle seit vergangenem Jahr verstärkt darum, als Akteur in die Euro-Krise einzugreifen und nach Innen und Außen zu vermitteln. Nachdem sich die Attacken der CSU immer mehr steigerten, mahnte er früher als die Kanzlerin zu Mäßigung. Aus diplomatischer Sicht wäre es ein Alptraum, wenn Deutschland nach einem Austritt Griechenlands im Ausland als Schuldiger ausgemacht würde. Westerwelle ist es deshalb wichtig, dass Athen als selbstständig entscheidende politische Macht und nicht als Spielball deutscher politischer Launen wahrgenommen wird.

Mittlerweile stellen sich Europapolitiker der Liberalen offen hinter Westerwelle. Der habe das Auswärtige Amt „in der Europadebatte dorthin geführt, wo es hingehört: in die Mitte", lobt der Brüsseler FDP-Abgeordnete Alexander Lanmbsdorff. Der Außenminister sorge nicht nur dafür dass die deutsche Position in Europa verstanden werde, „er erklärt in Deutschland auch die Anliegen unserer Partner“. Lambsdorff verteilt höchste Weihen: „Er setzt die Tradition von Hans-Dietrich Genscher fort."

Tatsächlich freut sich auch der Ex-Außenminister der durch „neonationalistisches Blech“ sein Lebenswerk bedroht sieht, über das neue Gewicht des Europapolitikers im Außenamt. „Er gewinnt an Statur“, schwärmte Genscher in der „Bild“-Zeitung: „Wir erleben den neuen Westerwelle.“ Im mächtigen Landesverband Nordrhein-Westfalen stützt nicht nur Genscher den Euro-Kurs des Außenministers. Auch der Landesvorsitzende Christian Lindner schlug sich auf seine Seite. Wie Westerwelle plädiert er dafür, den Griechen mehr Zeit zu geben. Manche Liberale sehen in der NRW-Verbindung eine potenzielle Gegenkraft, die Rösler noch gefährlich werden kann.

Doch bislang hat der Außenminister allenfalls eine Etappe in der Deutungsschlacht der Schuldenkrise gewonnen. Die Entscheidung in der Sache nämlich steht erst nach dem Troika-Bericht an – und viele Ordnungspolitiker in der FDP würden sich mit einem Aufschub für Griechenland sehr schwer tun. Dass Rösler in seiner Position nun schon vorher schwankt, wird in Westerwelles Lager nicht als Ausdruck von Stärke gedeutet.

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