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Peter Gauweiler ist CSU-Politiker und bekennender „EU-Skeptiker“. Er will gegen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer um den stellvertretenden CSU-Vorsitz kandidieren.

© dpa

Euro-Rebell Peter Gauweiler: "Ich werde dem Rettungsschirm auf keinen Fall zustimmen"

Peter Gauweiler will CSU-Vize werden und er ist gegen den erweiterten Euro-Rettungsschirm. Im Interview erklärt er, warum er Angela Merkel am Donnerstag im Deutschen Bundestag die Stimme verweigert und warum Gefühle wichtig sind in der Politik.

Herr Gauweiler, Sie streben einen Posten als Stellvertreter des CSU-Parteichefs Horst Seehofer an – sehr zum Missfallen von Verkehrsminister Peter Ramsauer: Warum wollen Sie Parteivize werden?

Ich bin schon sehr lange bei der CSU, über 43 Jahre. Und die CSU befindet sich in einer schwierigen Phase. Ich denke, dass ich mit meiner Person das Spektrum in der Führung etwas verbreitern kann. Das ist aber nur ein Angebot. Die Damen und Herren Delegierten müssen entscheiden, ob sie es annehmen.

Sie haben sich vor allem profiliert als EU-Skeptiker. Wollen Sie die CSU zur Anti-Europa-Partei machen?

Quatsch. Wer ein bisschen skeptischer ist und gegen zu viel Zentralismus, kann der europäischen Gemeinschaft vielleicht mehr helfen als die immer nur Begeisterten. Man kann ein Biotop auch zerstören, das weiß jeder Umweltschützer, wenn man ihm zu viel Energie zuführt.

Die FDP ist mit ihrem EU-Skeptizismus in Berlin gerade schwer auf die Nase gefallen. Warum soll es Ihnen und der CSU damit anders ergehen?
Der Vergleich hinkt. Mir geht es mit der verfassungsgerichtlichen Prüfung darum, Grenzüberschreitungen bei den europäischen Verträgen zu verhindern. Da konnte ich einiges erreichen. Das ist etwas anderes als der Versuch, den Leuten kurz vor einer Wahl nach dem Munde zu reden. Dazu ist die Bevölkerung zu informiert, das wird durchschaut.

Was haben Sie denn erreicht? Mit ihrer Klage gegen den Rettungsschirm sind Sie doch gescheitert.

Das stimmt nicht. Formal wurde die Klage zwar abgelehnt, aber in den Leitsätzen hat das Bundesverfassungsgericht unsere Bewertungen übernommen. Es hat dafür gesorgt, dass bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes das deutsche Parlament jeder einzelnen Verbürgung und Gewährleistung zustimmen muss und nicht nur angehört wird. Das ist ein substanzieller Erfolg.

Lesen Sie weiter auf Seite 2, was Peter Gauweiler über die Europapolitik der CSU denkt.

Die FDP nimmt nun Zuflucht zu einer Mitgliederbefragung. Wäre das nicht auch etwas für die CSU?
Darüber kann man streiten. Mitgliederbefragungen sind vor allem sinnvoll bei Personalfragen und Vorwahlen, ich habe dazu schon viele Vorschläge gemacht. Aber wir haben ja jetzt einen Parteitag. Und einen sorgfältig vorbereiteten europapolitischen Antrag, über den wir dort diskutieren werden.

Kritiker werfen Ihnen vor, Sie würden Stimmungen einfach nachgeben.
Naja. Stimmungen sind wichtig. Der Mensch ist kein Computer, man darf Gefühlsfragen, die Skepsis oder Freude zum Ausdruck bringen, nicht außer Acht lassen. Am Ende brauchen wir in Sachen Europa, bei aller Liebe zur Mitgliederbefragung in den Parteien, einen Volksentscheid. Dazu hat sich die CSU so klar geäußert wie das Bundesverfassungsgericht. Wir haben uns festgelegt, dass substanzielle Änderungen in der Struktur der europäischen Gemeinschaft und die Aufnahme neuer Mitglieder der Bevölkerung zur Entscheidung vorgelegt werden müssen. Und auch Karlsruhe hat erklärt, dass bestimmte Entscheidungen, etwa in Richtung einer Europa-Regierung oder einer europäischen Haftungsgemeinschaft, nur vom Volk beschlossen werden können.

Das klingt jetzt, als wären Sie ganz zufrieden mit der Europapolitik der CSU?
Ich mache darauf aufmerksam, wo es noch Probleme gibt. Zufrieden bin ich erst, wenn wir dieser Form von Rettungschaos, das derzeit auch mit unserer Duldung in Berlin geschieht, eine endgültige Absage erteilt haben. Und wenn wir uns wieder auf dem Kurs befinden, den Bundesbankpräsident Jens Weidmann gerade dargestellt hat.

Nämlich?
Indem wir klarmachen: Wir werden diese Form von Schuldenübernahme nicht weiter praktizieren. Wir müssen zurück zu den Stabilitätskriterien. Dabei kann es kein Herauskaufen fremder Regierungen geben, denn das ist Gift auch im eigenen volkswirtschaftlichen Interesse. In meiner Sprache: Schokolade für Zuckerkranke.

Lesen Sie weiter auf Seite 3, warum Peter Gauweiler dem Rettungsschirm nicht zustimmen wird.

Das heißt, Sie werden dem Rettungsschirm im Bundestag nicht zustimmen?
Auf keinen Fall. Der Gesetzestext ist in der Bundestagsfraktion der CDU/CSU erst letzten Dienstag um 15 Uhr verteilt worden. Um 17 Uhr war schon alles erledigt. Zwei Stunden für eine Gewährleistungsermächtigung von 211 Milliarden Euro! Und als ich gefragt habe, ob die Einschätzung der Deutschen Bank zutrifft, dass sich dieser Betrag mit Zinsen und Kosten im worst case auf über 420 Milliarden verdoppeln könnte, wurde das einfach heruntergespielt.

Kümmert es Sie nicht, dass es in dieser wichtigen Frage wegen Abweichlern wie Ihnen womöglich keine Kanzlermehrheit geben könnte?
Es gibt heftige Merkel-Kritiker, auch in der CDU, die ihr eine solche Niederlage wünschen. Aber das ist nicht mein Thema. Mir geht es darum, ein Bewusstsein in der Berliner Politik dafür zu schaffen, dass der eingeschlagene Weg der falsche ist. Jenseits der politischen Färbung. Aufklärung kommt von Klarmachen. Das ist meine Aufgabe. Und dabei ist die Gradlinigkeit einer verfassungsrechtlichen Prüfung viel wirkungsvoller als das übliche Rechts-Links-Gehechel.

Zurück zur CSU. Wenn Sie zum Parteivize gewählt werden, wird es ein anderer nicht. Es dürfte dann wohl Peter Ramsauer treffen. Kann es sich die CSU leisten, ihren Verkehrsminister zu düpieren?
Meine Kandidatur richtet sich gegen keine Person. Aber wählen heißt eben immer auch auswählen. Man nennt das, glaube ich, Demokratie.

Die Fragen stellte Rainer Woratschka.

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