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Am Freitag geht es in Brüssel wieder einmal um die Zukunft Griechenlands - zuvor muss noch das Parlament in Athen der neuen Vereinbarung mit den Gläubigern zustimmen.

© dpa

Eurogruppen-Treffen zu Griechenland: Kräftemessen in Brüssel

Die Eurogruppe entscheidet am Freitag über ein weiteres Kreditpaket für Griechenland. Berlin zweifelt, Athen drängt.

Es wird wieder ernst für Griechenland. Die Finanzminister der Euro- Staaten treffen sich am Freitag in Brüssel, um über ein weiteres Kreditpaket zu entscheiden. Die drei Gläubiger-Institutionen haben nach wochenlangen Verhandlungen mit der griechischen Regierung zwar eine sogenannte „technische Einigung“ gefunden. Doch eine technische sei eben noch lange keine politische Vereinbarung. Dieser Hinweis kommt ausgerechnet aus Berlin, hatte die deutsche Regierung die Griechen doch immer gerne darauf verwiesen, dass sie mit der Troika verhandeln müssten und nicht mit den Regierungschefs. Nun sind diese Verhandlungen abgeschlossen, ein erster Entwurf des „Memorandum of Understanding“ liegt vor.

Die deutsche Seite prüft das Papier offiziell noch bis Freitag, dennoch wurde bereits am Mittwochabend ein Papier des Finanzministeriums verbreitet, das wesentliche Knackpunkte auflistet. Als Mängelliste oder gar „Ablehnung“, wie die „Bild“- Zeitung das Papier interpretierte, wollte man es im Ministerium aber nicht verstanden wissen, es seien vielmehr „Fragen“, die man beantwortet sehen möchte.

Drei Knackpunkte

Der wichtigste Punkt für Berlin ist die Rolle des Internationalen Währungsfonds. Seine Beteiligung an dem dreijährigen 85 Milliarden schweren Kreditprogramm ist für die Union ein Muss. Der IWF hat zwar den aktuellen Kompromiss mit ausgehandelt, hält sich aber mit einer definitiven Zusage bisher zurück, offiziell soll über die Beteiligung des Fonds erst im Herbst entschieden werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel wollen das Programm aber nur ungern dem Bundestag zur Abstimmung vorlegen, ohne zumindest ein klares Statement oder eine Absichtserklärung von Christine Lagarde vernommen zu haben.

Der zweite Punkt bezieht sich auf die Schuldentragfähigkeit. 2016 wird Griechenland laut Berechnungen der EU-Kommission einen Schuldenstand von 201 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts haben. Dass die Schuldenlast zu hoch ist, wird kaum mehr bestritten. Bisher gibt es aber zwischen den Gläubigern keine Einigung darüber, wie und ob man den Griechen mit Schuldenerleichterungen entgegenkommt. Der IWF, den die Deutschen unbedingt dabeihaben wollen, will etwas, das die Deutschen auf keinen Fall wollen: einen Schuldenschnitt. Im Gipfel-Beschluss vom 12. Juli gab es die Kompromissformel, dass über „Tilgungs- oder Rückzahlungsaufschub“ verhandelt werden könne – aber nicht über einen nominalen Schuldenschnitt. Die Diskussion wird verschärft, weil der Überschuss, den Griechenland erwirtschaften wird, aufgrund der schwierigen ökonomischen Lage erneut abgesenkt wurde.

Der dritte Punkt betrifft den geplanten Privatisierungsfonds. Dieser Fonds, auf den Deutschland ganz besonders pocht und mit dessen Hilfe bis zu 50 Milliarden Euro in dreißig Jahren erwirtschaftet werden sollen, ist bisher nur relativ vage umrissen. Bis zum Herbst, so sieht es die neue Einigung vor, soll eine unabhängige Taskforce ausarbeiten, wie der Fonds gestaltet werden soll. Berlin verlangt aber konkretere Aussagen, wie das Geld eingenommen werden soll. Die Pläne der griechischen Regierung, dass der Fonds mehr Verwaltungs- als Verkaufsplattform werden soll, sieht man skeptisch. Schließlich hatte Syriza vor den Wahlen angekündigt, viele Privatisierungsdeals zurückzudrehen, die in der Öffentlichkeit als Ausverkauf galten. Nun haben sich Tsipras und seine Unterhändler verpflichtet, alle bisher begonnenen Privatisierungen zu Ende zu bringen und einen Deal sogar offiziell im Vertrag fixiert: den Verkauf mehrerer Regionalflughäfen an das deutsche Unternehmen Fraport.

Widerspruch gegen die deutsche Haltung gibt es von anderen europäischen Staaten wie Italien aber auch aus dem eigenen Land von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Im Wirtschaftsministerium begrüße man die Einigung. Martin Schulz, ebenfalls SPD und Präsident des Europäischen Parlaments, forderte, der Bundestag solle nun bald abstimmen. Beide hatten den deutschen Kurs bisher offensiv gestützt. Manche Beobachter vermuten deshalb, dass Schäuble lediglich vor der Bundestagssitzung noch einmal Härte beweisen wolle und letztendlich zustimme. Andere dagegen erinnern an die letzte lange Gipfelnacht im Juli, in der Schäuble den „Grexit auf Zeit“ ins Gespräch brachte und den Privatisierungsfonds durchsetzte. Nichts sei unmöglich, wenn Deutschland es wolle.

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