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Europa 2020: Barroso mit neuer "Agenda"

Angesichts der Finanzkrise und des Schuldendebakels in Griechenland wird eine strengere Koordinierung der Wirtschaftspolitik auf EU-Ebene gefordert. Kommissionspräsident Barroso spricht sich für eine Stärkung der gemeinsamen Wirtschaftsaufsicht aus.

„Wir sind mehr denn je voneinander abhängig“, sagte Barroso bei der Vorlage seiner Vorschläge für die neue EU-Wirtschafts- und Wachstumsstrategie „Europa 2020“. „Darum brauchen wir auch die Koordinierung mehr denn je.“

Die Haushaltskrise in Griechenland und die Suche nach der richtigen Antwort darauf sowie die „Notwendigkeit, die Nachfrage in der EU auszugleichen“, erinnerten „extrem“ daran, dass die Unterschiede in den Mitgliedstaaten direkte Auswirkungen auf alle anderen hätten.

In seinem Entwurf für eine gemeinsame EU-Wachstumsstrategie schlug Barroso eine Reihe konkreter Wirtschaftsziele vor wie etwa die Erhöhung der Forschungsausgaben, um Europa aus der Flaute zu holen. „Wir brauchen heute eine Krisenantwort, und eine Reformagenda für die nächsten zehn Jahre“, sagte Barroso.

Zwar will die Behörde die Änderungen im neuen EU-Vertrag nutzen, der ihr die Möglichkeit gibt, Verwarnungen auszusprechen. „Dieses Instrument werden wir voll ausnutzen“, sagte er. „Aber wenn die EU-Staaten nicht mitspielen, können wir wenig ausrichten.“

Die Strategie löst die gescheiterte Lissabon-Strategie ab, die dieses Jahr auslief. Diese hatte das ambitionierte Ziel, die EU zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen“.

Barroso schlug aber keine Sanktionsmechanismen vor, sollte ein EU-Land die Ziele nicht einhalten. Schwächere Mitgliedstaaten sollen aber beispielsweise mit den europäischen Strukturfonds unterstützt werden. Ausdrücklich betonte Barroso, dass er keine „Vermischung mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt“ vorschlage. „Das muss ganz klar sein.“

Damit hat der Portugiese zwar einen Streit teilweise entschärft. Er schlug aber vor, die Behörde könne künftig gleichzeitig mit ihren Berichten über die Haushaltslage der Euro-Länder über die Einhaltung der nationalen Wachstumsziele berichten. Besonders Berlin warnt vor einer Verknüpfung von Stabilitäts-Pakt und „EU 2020“. Auch die Reihe konkreter Wachstumsziele bringt ihn auf Konfliktkurs auch mit der Bundesregierung, die das etwa für die Bildung ablehnt.

Die EU-Staats- und Regierungschefs - der „Europäische Rat“ - sollen die Grundzüge der „Europa 2020“ genannten Strategie auf ihrem Gipfeltreffen am 25. und 26. März verabschieden. Im Juni sollen die „Chefs“ dann bereits nationale Ziele festlegen, die jedes EU-Land aber selbst für sich vorschlagen soll.

Im Europaparlament stieß der 10-Jahres-Plan auf ein geteiltes Echo. Die Union warf Barroso Willkür und Realitätsferne vor, die Liberalen dagegen lobten das Konzept als „richtigen Ton“. Die EU-Kommission brauche aber mehr Macht, forderte Fraktionschef Guy Verhofstadt. Kommission und nicht der Europäische Rat sollten die Ziele setzen und die Einhaltung überwachen, da es den Mitgliedstaaten immer „am politischen Willen für Selbstkritik“ mangeln werde.

Die Grünen kritisierten, die Kommission stelle noch immer mehr Wachstum und mehr Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt. „Wirtschaftswachstum schafft nicht automatisch mehr soziale Gerechtigkeit, eine saubere Umwelt oder ein glücklicheres Leben“, sagte Fraktionschefin Rebecca Harms.

Barroso schlug eine Reihe von konkreten Wachstumszielen auf EU-Ebene vor, die dann auf die einzelnen EU-Staaten heruntergebrochen werden sollen: Eine Beschäftigungsquote von 75 Prozent (statt bisher 69 Prozent) und eine Bildungsquote von 40 Prozent, etwa an Jüngeren, die einen Hochschulabschluss haben sollen. Die Forschungsausgaben sollen von 1,9 auf 3 Prozent erhöht werden, ein Ziel, das schon die Lissabon-Strategie enthielt.

Die Industrie reagierte positiv auf das Papier. Barroso ziehe die richtigen Lehren aus der Krise, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf. Jetzt seien konkrete Taten nötig. „Die EU muss Wachstumsbremsen und unnötige Bürokratie abbauen. Die bisherige Lissabon-Strategie hatte nicht verhindern können, dass die EU mit ihrem Wachstum zu den Schlusslichtern der Industriestaaten gehört.“ (dpa)

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