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Politik: Europa rückt gegen den Terror zusammen

Mitgliedstaaten verpflichten sich zu gegenseitiger Hilfe / Niederländer de Vries als Koordinator im Gespräch

SICHERHEIT IN DER EU

Brüssel. Polizei, Justiz und Geheimdienste in Europa wollen künftig in enger Zusammenarbeit ihre Informationen bündeln, um Terrorgefahren möglichst früh erkennen und Anschläge verhindern zu können. Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich am Donnerstagabend in Brüssel auf eine gemeinsame Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus, die mehr als 50 Vorschläge zum Schutz der Bürger Europas enthält. Zum Auftakt des Gipfels lag den Staats- und Regierungschefs eine Solidaritätserklärung vor, die den Einsatz nationaler Streitkräfte gegen Terrorangriffe ausdrücklich einschließt.

Zur Koordinierung der Terrorabwehr will die EU einen neuen Beauftragten einsetzen. Dieser soll im Brüsseler EU-Ratssekretariat in enger Zusammenarbeit mit der EU-Kommission arbeiten. Als Kandidat für den neuen Schlüsselposten war gestern der frühere stellvertretende Innenminister der Niederlande, Gijs de Vries, im Gespräch. Mit dem Niederländer könnte künftig ein mit der EU-Politik und Sicherheitsfragen erfahrener Politiker die Terrorismusbekämpfung in den Mitgliedstaaten koordinieren. De Vries, seit 1974 Mitglied der VVD (Volkspartei für Freiheit und Demokratie), vertrat die Liberalen seines Landes von 1984 bis 1998 im Europäischen Parlament und führte in seinen letzten vier Jahren als Europaabgeordneter auch die liberale Gesamtfraktion an. Im EU-Reformkonvent, der von Frühjahr 2002 bis Juni vergangenen Jahres den Entwurf für die erste EU-Verfassung erarbeitete, war er der Regierungsvertreter seines Landes.

Nach den Bombenanschlägen von Madrid mit fast 200 Toten enthält der politische Kern der Gipfelerklärung ein feierliches Bekenntnis der Staats- und Regierungschefs zur Solidarität im Fall terroristischer Angriffe auf ein EU-Mitgliedsland. Eine ähnliche politische Erklärung, allerdings für den Fall militärischer Bedrohung, ist in der EU-Verfassung vorgesehen, die derzeit noch debattiert wird. Auf diese Verfassungsartikel berufen sich die Regierungschefs nun ausdrücklich. Sie verpflichten sich, zur Abwehr terroristischer Angriffe ,,alle Instrumente, die zur Verfügung stehen, zu mobilisieren, einschließlich militärischer Mittel.“

Entscheidend für die rechtzeitige Erkennung von terroristischen Gefahren sei die nachrichtendienstliche Erfassung von verdächtigen Personen. Aus diesem Grund sollen möglichst zügig die Informationen der europäischen Geheimdienste, der Justiz und der Polizei vernetzt werden, heißt es in Brüssel. Die 15 EU-Staaten und zehn Beitrittsländer sind zwar grundsätzlich bereit zur engen Zusammenarbeit über die nationalen Grenzen hinweg. In einigen EU-Staaten bestehen jedoch nach wie vor erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine automatische Vernetzung der sensiblen Datenbanken. Vorerst sind offenbar lediglich Deutschland, Österreich und die Benelux-Staaten dazu bereit.

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