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Politik: Europa rüstet seinen Grenzschutz auf

„Eurosur“ soll auch Migranten retten / Kritiker: System gefährdet sie vielmehr.

Berlin/Brüssel - Am Montag ist das neue EU-Grenzüberwachungssystem „Eurosur“ in Betrieb gegangen. Es dient nach den Vorstellungen der Brüsseler Kommission dem doppelten Zweck, die europäischen Außengrenzen und das Leben von Migranten zu schützen. Vor allem im Mittelmeer sterben jedes Jahr hunderte Menschen beim Versuch, Europa zu erreichen. Vor genau zwei Monaten kamen mindestens 360 Menschen durch einen Schiffbruch vor der sizilianischen Insel Lampedusa ums Leben.

„Eurosur“, das European External Border Surveillance System, ist nach den Worten der Kommission „ein Mehrzwecksystem, um grenzüberschreitende Verbrechen wie Drogenhandel zu entdecken und ihnen vorzubeugen“. Gleichzeitig solle es Menschenleben an den EU-Außengrenzen schützen, indem es einen „gemeinsamen Mechanismus für den Informationsaustausch nahezu in Echtzeit und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Grenzüberwachung“ sicherstelle. Das Europaparlament hatte dem System schon vor zwei Monaten, kurz nach Lampedusa, mit großer Mehrheit zugestimmt. Es gilt zunächst für 19 Schengen-Grenzstaaten im Osten und Süden der EU.

Flüchtlingshilfsorganisationen sind dagegen europaweit gegen das System Sturm gelaufen. Es sei die Abschließung der Grenzen Europas, die zum tausendfachen Tod von Flüchtlingen führe, sagte Günter Burkhardt, der Geschäftsführer von Pro Asyl, kürzlich dem Tagesspiegel. „Wer daran etwas ändern will, muss Flüchtlingen gefahrlose Möglichkeiten der Einreise anbieten“. Indem die EU „die Zäune noch höher zieht“, treibe sie „verzweifelte Menschen in die Hände von Schleppern, die man angeblich bekämpfen will“.

Eine Studie für die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung errechnete im Frühjahr 2012 weit doppelt so hohe Kosten für „Eurosur“, wie die von Brüssel veranschlagten 338 Millionen Euro, und kritisierte, der Einsatz von immer mehr Technik – durch „Eurosur“ und das Projekt „Intelligente Grenzen“ – werde vor allem die Abwehr von Flüchtlingen erleichtern, kaum ihren Schutz. Andrea Dernbach

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