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Politik: Europa und die Wehrpflicht

Während der Semesterferien hat Alexander Dory über seinen Hausarbeiten gebrütet. Am kommenden Dienstag wird der Erstsemester, der in Konstanz Jura studiert, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg besonderen Anschauungsunterricht erhalten - der EuGH verhandelt seinen eigenen Fall.

Während der Semesterferien hat Alexander Dory über seinen Hausarbeiten gebrütet. Am kommenden Dienstag wird der Erstsemester, der in Konstanz Jura studiert, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg besonderen Anschauungsunterricht erhalten - der EuGH verhandelt seinen eigenen Fall. Der 19-Jährige, der nicht zur Bundeswehr will, sieht in der nur für Männer geltenden Wehrpflicht einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Zum Thema Porträt: Totalverweigerer Volker Wiedersberg Stichwort: Die Wehrpflicht Umfrage: Dienstpflicht auch für Frauen? Als der damals 17-jährige Gymnasiast im September 1999 einen Fragebogen zur Vorbereitung auf die Musterung erhielt, fragte er sich, ob es in Ordnung sei, dass Männer zum Bund müssen, während Frauen direkt nach dem Abitur studieren können. Dorys Vater, ein Rechtsanwalt, berät den Sohn und wird ihm am kommenden Dienstag vor dem EuGH zur Seite stehen. Schützenhilfe erwarten sich die beiden vor allem von einem Urteil, das das Luxemburger Europa-Gericht vor über zwei Jahren gefällt hatte. Damals hatte die deutsche Elektronikerin Tanja Kreil vor dem EuGH das Recht erstritten, Dienst an der Waffe zu tun. Seither können Frauen zum Bund, müssen es aber nicht. Darin wiederum sieht Alexander Dory einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Vor seiner Urteilsfindung will das EuGH Stellungnahmen anderer EU-Staaten berücksichtigen. Würde das Gericht der Argumentation Dorys folgen, hätte das Folgen für die deutsche Politik - die Wehrpflicht wäre gekippt.

Der junge Mann beruft sich auf die EU-Richtlinie 76/207/EWG. Sie besagt, dass Männer und Frauen beim Zugang zu Beschäftigung, Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg gleich behandelt werden müssen. Das Kreiswehrersatzamt Schwäbisch Gmünd, das Dory den Einberufungsbescheid zustellen wollte, sieht in der Wehrpflicht für Männer keinen Verstoß gegen das Europarecht. Begründung: Der Wehrdienst ist kein Beruf, für den der Anspruch auf Gleichbehandlung nach der EU-Richtlinie gelte. Auch das Bundesverfassungsgericht hat vergangenen Woche eine Vorlage abgewiesen, die die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht wegen Ungleichbehandlung von Männern und Frauen forderte. In etwa zehn Monaten wird sich der EuGH entscheiden.

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