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Politik: Europäer müssen Krisen rascher erkennen, fordert Verteidigungsminister Scharping

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping hat die europäischen Mitgliedsstaaten der Nato davor gewarnt, auch bei künftigen begrenzten Konflikten wie dem im Kosovo auf die Hilfe der USA zu setzen. Die nächste Krise auf dem Balkan komme mit großer Wahrscheinlichkeit, erklärte der Minister in einer Rede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin, wenn sie auch nicht notwendigerweise wieder in einem militärischen Konflikt eskalieren müsse.

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping hat die europäischen Mitgliedsstaaten der Nato davor gewarnt, auch bei künftigen begrenzten Konflikten wie dem im Kosovo auf die Hilfe der USA zu setzen. Die nächste Krise auf dem Balkan komme mit großer Wahrscheinlichkeit, erklärte der Minister in einer Rede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin, wenn sie auch nicht notwendigerweise wieder in einem militärischen Konflikt eskalieren müsse. Gerade deshalb seien die europäischen Staaten aufgefordert, die vorhandenen Instrumente zur Krisenprävention besser und vor allem zeitiger zu nutzen. Dies nicht rechtzeitig getan zu haben, ist aus Scharpings Sicht ein entscheidendes Versäumnis der europäischen Politik gewesen. Für den Verteidigungsminister ergeben sich aus dem Kosovo-Krieg zudem zahlreiche Konsequenzen für die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Scharping bezeichnete es als Fehler, dass im Dayton-Abkommen von 1995 das Kosovo ausgeklammert worden sei. Bereits seit der Aufhebung des Autonomie-Status für diese Region durch Milosevic im Jahre 1989 sei ein Indiz für die sich zuspitzende Krise gewesen. Die Kriege in Slowenien, Kroatien und Bosnien seien weitere Vorzeichen gewesen, die die Europäer nicht ernst genug genommen hätten. Milosevic habe, so Scharpings Einschätzung, bis in das Frühjahr 1999 den Eindruck gewinnen müssen, der Westen wolle eine militärische Auseinandersetzung um jeden Preis vermeiden. Vor allem die öffentliche kontroverse Erörterung über einen möglichen Einsatz von Bodentruppen sei schädlich gewesen. Zum erfolgreichen politisch-militärischen Krisenmanagement gehöre für den Gegenspieler ein Faktor der Unkalkulierbarkeit. Konflikte wie der mit Milosevic seien besser zu bewältigen, wenn die Risiken nicht berechenbar erscheinen. Der jugoslawische Diktator habe die Vertreibung der albanisch-stämmigen Bevölkerung zunächst langsam nach der Methode "One village a day keeps the Nato away" betrieben.

Nach der Analyse des deutschen Verteidigungsministers seien die amerikanischen Interessen im Kosovo-Konflikt keinesfalls so deutlich tangiert gewesen, dass ein US-Engagement zwingend erschienen wäre. Deshalb müssten die Europäer eigene Kapazitäten zur schnellen Bewegung größerer Kräfte auf dem Luftweg bereitstellen. Die strategische Aufklärungsfähigkeit sei durch die Entwicklung eigener Satellitensysteme herzustellen. Der Kosovo-Krieg habe gezeigt, so deutete Scharping an, dass die eigene Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit empfindlich eingeschränkt würde, wenn man ausschließlich auf den guten Willen desjenigen angewiesen sei, der über solche Systeme verfüge. Das Know-how für den Bau solcher Satelliten ist, so Scharping, gerade in der deutschen und französischen Industrie vorhanden. Für falsch hält der Minister auch, wenn sich die Europäer weiter auf das US-Potenzial an Marschflugkörpern verlassen und nicht größere eigene Kapazitäten bereitstellen.

Scharping beklagte europäische Defizite in der Entwicklung einer gemeinsamen Außenpolitik. Es sei auf Dauer untragbar, wenn die EU sich mehr mit der internen Agrarpolitik als mit ihren Beziehungen zum Rest der Welt beschäftige.

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