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Der Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB) ragt über die Dächer von Frankfurt am Main.

© dpa

Europäische Bankenaufsicht: Die Kleinen bleiben außen vor

Die EZB wird künftig Europas große Geldinstitute überwachen. Deutschland hat sich durchgesetzt: Die kleinen Banken bleiben auch in Zukunft unter nationaler Kontrolle. Wie genau soll die europäische Bankenaufsicht funktionieren?

Manche sprechen von einer historischen Einigung, andere von einem überfälligen Schritt: Europas Banken, zumindest die großen, sollen vom 1. März 2014 an von einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht überwacht werden.

Welche Banken werden beaufsichtigt?

Die Kontrolle über die gut 6000 Banken im Euro-Raum wird künftig arbeitsteilig organisiert. Die großen Institute werden von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigt, die kleineren verbleiben weiterhin unter nationaler Aufsicht. Die EZB erhält alle nötigen Befugnisse. Sie darf Kontrollen durchführen, Dokumente oder Aussagen der Beteiligten sowie Umstrukturierungen oder die Aufstockung der Kapitalpuffers verlangen.

Geldinstitute gelten als groß, wenn die Bilanzsumme mehr als 30 Milliarden Euro im Jahr beträgt. Besonders für kleine Euro-Länder ist das zusätzliche Kriterium wichtig, dass eine Bank in jedem Fall auch zentral kontrolliert werden muss, wenn ihre Geschäfte mehr als 20 Prozent der Wirtschaftsleistung des Staates entsprechen. Außerdem sollen pro Land mindestens drei Banken vom EZB-Sitz in Frankfurt aus beaufsichtigt werden.

Welche deutschen Banken sind dabei?

Nach Angaben aus Berliner Regierungskreisen erfüllen europaweit rund 150 Institute diese Kriterien, in Deutschland zwischen 20 und 30. Einer Liste der größten deutschen Banken ist jedoch zu entnehmen, dass auch die Deutsche Industriebank IKB auf Platz 38 noch eine Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro aufweist. Zudem bekommt die EBZ einen gewissen Spielraum, um die eine oder andere Bank über oder unter dem Schwellenwert aufzunehmen.

In der Bundesrepublik bleibt die Bafin für das Gros der Sparkassen und Volksbanken zuständig, wie es Schäuble von Anfang an gefordert hatte. Die Notenbank bekommt jedoch ein sogenanntes Selbsteintrittsrecht: Sie kann per Beschluss die Aufsicht auch über einzelne kleinere Banken an sich ziehen, falls es dort große Probleme gibt oder die nationale Aufsicht als nicht gut genug erachtet wird.

Wo hat sich Deutschland durchgesetzt?

Neben der Festlegung, dass kleinere Geldinstitute nicht in die EZB-Bankenaufsicht einbezogen werden, hat sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor allem beim Zeitplan durchgesetzt. Im Vergleich zum Vorschlag der EU-Kommission holte er mindestens 14 Monate zusätzliche Zeit heraus. Statt der ursprünglich für den 1. Januar 2013 vorgesehenen Aufnahme der Aufsichtstätigkeit gibt es nun überhaupt kein Datum, zu dem es spätestens losgehen muss. Es ist lediglich geregelt, dass es frühestens ein Jahr nach der endgültigen Verabschiedung des Gesetzestextes so weit sein darf. Und falls die Verhandlungen mit dem Europaparlament jetzt besonders schnell gehen sollten, ist auch noch klargestellt, dass der Starttermin nicht vor dem 1. März 2014 liegen darf. In der Hauptsache aber wird die Zentralbank selbst in einem Bericht darüber entscheiden, ob sie bereit zur Übernahme der Kontrollfunktion ist. In bester europäischer Tradition gibt es eine Ausnahme davon, die es in sich hat. Wenn der Euro-Rettungsschirm ESM die Zentralbank einstimmig bittet, die Kontrolle über eine Bank zu übernehmen, kann sie dies auch schon im Jahr 2013 tun.

Schäuble erreichte auch die Trennung von aufsichts- und geldpolitischer Funktion innerhalb der Zentralbank. So wird in der EZB ein eigenes Aufsichtsgremium eingerichtet, dessen Chef nicht – wie von der EU-Kommission geplant – von der Bank bestimmt wird, sondern von den Regierungen. Die weiteren vier EZB-Angehörigen, die zusammen mit den nationalen Aufsehern das Gremium bilden, dürfen in der Bank nicht mit Geldpolitik zu tun haben. Bei Uneinigkeit zwischen den Bankgremien und dem Aufsichtsrat entscheidet ein zusätzliches Schlichtungsgremium.

Was ist mit der Kreditanstalt

für Wiederaufbau (KfW)?

Die KfW zählt mit einer Bilanzsumme von fast 500 Milliarden Euro und einem Gewinn von voraussichtlich rund zwei Milliarden Euro in diesem Jahr zu den größten Banken in Deutschland – und unterliegt als Anstalt öffentlichen Rechts trotzdem nicht der normalen Bankenaufsicht. Das Bundesfinanzministerium wacht in Absprache mit dem Wirtschaftsministerium über die Bank, die zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Ländern gehört. Als Förderbank genießt sie eine Sonderstellung, die im KfW-Gesetz festgehalten ist. Insofern ist sie von der Neuordnung der Bankenaufsicht nicht betroffen, es sei denn die Politik verständigt sich auf eine Änderung des KfW-Gesetzes oder der KfW-Satzung. Seit der Pleite der damals mit zur KfW gehörenden Mittelstandsbank IKB im Jahr 2007 und seit der Fehl-Überweisung von 320 Millionen Euro an die Pleite-Bank Lehman durch die KfW wird darüber diskutiert, die Bank oder zumindest Teile der Bank unter die „normale“ Bankenaufsicht der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin und der Bundesbank zu stellen. Ergebnisse der Debatte gibt es aber bislang nicht. Im Fokus einer europäischen Bankenaufsicht stand die KfW in den letzten Monaten nicht. Und dies ist nach Ansicht von Insidern auch nicht zu erwarten.

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