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© dpa

Europäische Union: Links und rechts, klein und groß

Der schwedische EU-Vorsitzende Reinfeldt steht vor der heiklen Aufgabe, beim Postengerangel die Balance in der Europäischen Union zu wahren.

Das politisch brisante Auswahlverfahren für zwei europäische Spitzenposten hat die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Sondergipfel in der Nacht zum Freitag bis zuletzt in kontroverse Personaldebatten verstrickt. Das Gipfel-Dinner, an dem neben den 27 Staats- und Regierungschefs auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Europas Außenbeauftragter Javier Solana teilnahmen, diente allein dem Zweck, die beiden neuen Ämter des ständigen EU-Ratspräsidenten und des „EU-Außenministers“ zu besetzen, der offiziell Hoher Beauftragter für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik heißt. Der amtierende EU-Ratschef Fredrik Reinfeldt hatte dabei die delikate Aufgabe, zwischen „alten“ und „neuen“ EU-Mitgliedstaaten, West und Ost, Nord und Süd, kleinen und großen Mitgliedstaaten sowie linken und rechten Kandidaten eine von allen akzeptierte Balance herzustellen.

Als aussichtsreiche Kandidaten für das Amt des ständigen EU-Ratspräsidenten galten unter anderem der belgische Ministerpräsident Herman Van Rompuy, sein niederländischer Amtskollege Jan Peter Balkenende und Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, der Dienstälteste unter den Regierungschefs in der EU. Geringe Chancen wurden dem ehemaligen britischen Regierungschef Tony Blair eingeräumt, obwohl sich die Regierung in London bis zum Schluss für ihn stark machte. Doch damit war die Liste der Aspiranten noch lange nicht beendet: Auch der ehemalige finnische Ministerpräsident Paavo Lipponen und Österreichs früherer Bundeskanzler Wolfgang Schüssel rechneten sich Chancen aus. Zu den wenigen Frauen, die als Kandidatinnen für das Amt des EU-Ratspräsidenten gehandelt wurden, gehörte die ehemalige lettische Präsidentin Vaira Vike-Freiberga. Sie warb am Donnerstag in Brüssel mit den Worten für sich, dass sie Europa „ein menschliches Gesicht“ verleihen würde.Als weniger kompliziert galt zu Beginn des Gipfels die Suche nach dem „EU-Außenminister“, den die europäischen Sozialdemokraten stellen wollten. Als Anwärter für den Posten wurden unter anderem Italiens Ex-Ministerpräsident Massimo D’Alema und der britische Chefdiplomat David Miliband genannt.

Vor dem Sondergipfel war es Reinfeldt bei seinen langen Telefongesprächen mit den Regierungschefs offenbar nicht gelungen, die lange Liste der insgesamt mehr als 20 inoffiziellen Kandidaten auf wenige Bewerber einzugrenzen. Die Besetzung der Brüsseler Spitzenposten glich deshalb zeitweise einer Quadratur des Kreises. Am Donnerstagabend war es immerhin klar, dass zwei weitere wichtige Brüsseler Spitzenposten in das Personalpaket eingeschnürt sind: Die Generalsekretäre für den neuen Europäischen Auswärtigen Dienst und für den Brüsseler Ministerrat – zwei einflussreiche Rollen im Hintergrund. Damit war die Verhandlungsmasse etwas größer geworden.

Einige Regierungen hielten dennoch bis in die Nacht zum Freitag an ihren Kandidaten fest, obwohl sie wussten, dass sie keine Chance hatten. Damit wollten die betreffenden Staaten ein Faustpfand für die Verteilung der wichtigen Ressorts in der EU-Kommission in der Hand behalten. Am Donnerstag spielte deshalb Barroso eine Schlüsselrolle im Kreis der Regierungschefs. Als Präsident der EU-Kommission bleibt es ihm nämlich überlassen, den von den Regierungen ernannten EU-Kommissaren die Aufgaben im Brüsseler Führungsgremium zuzuteilen. Im politischen Spiel des Gebens und Nehmens hatte er somit am Donnerstag Lockmittel in der Tasche, um Blockaden aufzubrechen.

Die Bundesregierung konnte zwar für die beiden Spitzenposten des EU-Ratspräsidenten und des „EU-Außenministers“ keine Kandidaten nennen, war aber offenbar an der Besetzung der einflussreichen Ämter der Generalsekretäre interessiert. Außerdem: Ende 2011 muss für den Präsidenten der Europäischen Zentralbank, den Franzosen Jean-Claude Trichet, ein Nachfolger gefunden werden. Als möglicher Kandidat gilt Bundesbankpräsident Axel Weber.

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