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Seehofer

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Europastreit: Oettinger lässt Seehofer auflaufen

Bayerns Ministerpräsident Seehofer will über das Verfassungsgerichtsurteil zum Lissabon-Vertrag mehr Mitsprache in der EU-Politik durchsetzen. Anders als die Schwesterpartei CDU setzt er als CSU-Chef auf Konfrontation mit der SPD.

Berlin - Als Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und sein baden- württembergischer Amtskollege Günther Oettinger (CDU) am Dienstag nach einer gemeinsamen Sitzung beider Landeskabinette vor die Presse traten, hatten sie eine ganze Menge Gemeinsamkeiten zu verkünden – etwa die Forderung nach einem reduzierten Mehrwertsteuersatz oder nach längeren Laufzeiten von Kernkraftwerken. Bei der Europapolitik hören aber die Übereinstimmungen auf. Seehofer möchte das Urteil des Verfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag zum Anlass nehmen, bei der von den Karlsruher Richtern geforderten Stärkung der Mitspracherechte von Bundestag und Bundesrat ein großes Fass aufzumachen. Oettinger mahnte dagegen zur Vorsicht.

Bei der Formulierung eines Entwurfs für das neue Begleitgesetz zum Lissabon-Vertrag, dessen Überarbeitung in Karlsruhe verlangt worden war, geht es in den nächsten Wochen in die Feinarbeit. Oettinger verlangte einen gemeinsamen Entwurf von CDU, CSU, SPD und FDP, der „hoffentlich im September“ durch den Bundestag und Bundesrat gehe. Er plädierte dafür, sich an den Forderungen der Karlsruher Richter zu orientieren. Seehofer hatte dagegen am Wochenende einen Gesetzentwurf von CDU und CSU von 2005 als „mögliche Kompromisslinie“ ins Spiel gebracht. Der damalige Entwurf räumte dem Bundestag weit reichende Mitspracherechte in der EU-Politik ein und ließ der Bundesregierung angesichts von Stellungnahmen des Parlaments nur in Ausnahmefällen freie Hand bei Entscheidungen in Brüssel. Vor dieser Linie warnte auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU). „Wir dürfen die Verfahren nicht so verkomplizieren, dass die Bundesregierung auf europäischer Ebene keine Handlungsspielräume mehr hat“, sagte er der Nachrichtenagentur ddp.

Seehofer denkt auch über eine Sondersitzung des bayerischen Landtages zur Beratung eines Kompromisses in der Sommerpause nach. Der CDU-Europaexperte Gunther Krichbaum wies allerdings darauf hin, dass über das Begleitgesetz „im Kern“ in einem Gesetzgebungsverfahren des Bundestages und Bundesrates entschieden werde. Auch bei einer Befassung von Länderparlamenten dürfe man letztlich „nicht daran rütteln, dass wir an einem zügigen Gesetzgebungsverfahren festhalten wollen“, sagte Krichbaum dem Tagesspiegel. 

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