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Die Spitzenkandidaten der fünf großen Parteiengruppen Europas (v.l.): Alexis Tsipras (Linke), Ska Keller (Grüne) Martin Schulz (SPD), Jean-Claude Juncker (Konservative) und Guy Verhofstadt (Liberale).

© AFP

Europawahl-Debatte zum Nachlesen: Kandidaten im Korsett

In der TV-Debatte zur Europawahl tauschten die fünf Spitzenkandidaten vorbereitete Statements aus und hatten keine Zeit für Streit. Meinungsverschiedenheiten gab es trotzdem. Unseren Liveblog zu der Diskussion können Sie hier nachlesen.

Die große letzte Debatte zwischen den europäischen Spitzenkandidaten vor der Europawahl raste quer durch sämtliche Themen, die momentan diskutiert werden: Kopftuchstreit, Freihandelsabkommen, Bankenkrise, Ukraine, Lobbyismus, Flüchtlinge, Schulden. Angetreten waren: Franziska Keller (Grüne), Alexis Tsipras (Linke), Martin Schulz (SPD),Jean-Claude Juncker (Konservative) und Guy Verhofstadt (Liberale). Doch das extrem einschränkende Format der Debatte - an Stehpulten nebeneinander aufgereiht, vorbereitete Statements, wenig Chance zu reagieren - war typisch formaleuropäisch: jeder sollte exakt gleich viel Redezeit haben, alles ausgewogen, alles fair. Eine wilde Diskussion löst man so nicht aus. Dabei gab es durchaus einige Stellen an denen sich die Kandidaten nicht einig waren. Wenn die junge Abgeordnete Ska Keller beispielsweise die Bankenrettung kritisiert, die der Kandidat Jean Claude Juncker als ehemaliger Euro-Gruppenchef koordiniert hat, dann bietet das Material für Zoff. Wenn man sich denn hätte zoffen dürfen. Lesen Sie hier nach, wie die Diskussion ablief.

22.30 Die sozialen Netzwerke haben das letzte Wort. 63000 Tweets, sagt der Moderator. Mehr könne man dann im Internet lesen. Die Sendung ist vorbei.

22.24 Abschlusserklärungen in 30 Sekunden.

Keller: "Europa muss wieder aufleben."

Verhofstadt: "Jobs, Jobs, Jobs."

Juncker: "Ich möchte ein Konsenseuropa mit vernünftigen Kompromissen".

Tsipras: "Europa soll seinen Völkern gehören. Mehr Referenden!"

Schulz: "Europa soll für alle ein besseres Leben bieten!"

22.19 Nun müssen die Kandidaten wieder dafür argumentieren, dass sie auch wirklich Kandidaten für den Kommissionschefposten sind. Alles andere geht gar nicht, sagen sie. Ob Angela Merkel heute wohl auch vor dem Fernseher sitzt? Jetzt blühen sie alle auf. Kampfansage!

22.15 Es geht um Korruption. Der Einfluss der Lobbyisten in Brüssel macht Ska Keller wütend. Es gebe zwar ein Lobby-Register für Brüssel, dies sei bisher aber freiwillig. Auch Juncker will deren Tätigkeit stärker kontrollieren, die EU-Kommissare sollten eine Liste ihrer Kontakte offenlegen, um so zu zeigen, wer auf den Gesetzgebungsprozess Einfluss hatte. Es sei aber nicht an sich verwerflich, wenn Interessensvertreter Interessen verträten. Schulz sagt: "Korruption ist ein europäisches Phänomen." Alle Nationalstaaten müssten dann aber auch mit der EU-Ebene kooperieren, was die Konsequenzen angeht.

22.10 So sehen es die Kollegen in Brüssel:

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22.05: Debattiert wird nun über religiöse Symbole. Grüne, Linke und Konservative wollen sich nicht in die nationale Gesetzgebung einmischen, solange sie nicht gegen Grundprinzipien verstoßen. Verhofstadt dagegen fordert ein europäisches Anti-Diskriminierungsgesetz. Schulz übersetzt "religiöse Symbole" dann als erster mit dem, was die Moderatorin wirklich meint: Kopftücher. Er fordert die Neutralität von öffentlichen Räumen.

22.00: "In den sozialen Medien geht es rund." Sagt der Moderator. Na dann. #TellEurope. Um welche Themen es dort geht, sagt er nicht.

21:55 Das Thema kommt auf Flüchtlinge. Mehr legale Einwanderung ist das Ziel von Linken, Grünen, Liberalen. Juncker will das auch klären, will aber vor allem vor Ort das Problem lösen, also die Entwicklungshilfe ausbauen. Das ist das erste Mal, dass er über höhere Ausgaben spricht. Schulz freut sich, dass Juncker ein legales Einwanderungssystem einführen will, die CDU, sagt er, habe ihn genau für diese Forderung neulich noch angegriffen.

21.52: Grüne und Linke sind für eine stärkere Eigenständigkeit, Keller würde als Kommissionspräsidentin die Katalanen und Schotten auch als Mitglieder begrüßen. Juncker will sich lieber gar nicht einmischen.

21.50: Interessanter Schwenk: von der Ukraine hin zu europäischen Separationsbewegungen (Schottland, Katalonien, etc...)

21.45: Der Druck auf Russland muss weiter erhöht werden, finden alle. Tsipras warnt in guter Linken-Manier aber auch vor den "ukrainischen Nazis". Der Luxemburger Juncker redet über wichtige "Finanzströme" zwischen Russland und der EU, ist aber trotzdem für stärkere Sanktionen. Keller wettert gegen die Waffenexporte der EU. Krieg will keiner.

21.41: Der Wirtschaftsblock endet mit einer (sehr kurzen) Debatte über das Handelsabkommen TTIP. Keller sagt, dass genau solche Abkommen und das Verhandeln hinter geschlossenen Türen der Grund für EU-Skepsis ist. Das Thema wechselt zur Ukraine.

21.40: 701 Tweets pro Minute. Beim Eurovision Song Contest waren es allein beim Auftritt von Conchita Wurst 42000.

21.35: Jetzt wird es progressiv. Es geht nicht nur um die Sorgen der Euro-Skeptiker sondern gleich darum, sie von Europa zu überzeugen. In einer Minute! (Antworten siehe Eröffnungserklärungen)

21.30: Wenn Kandidaten aufeinander reagieren wollen, müssen sie einen Joker einsetzen. Das ist eine Debattenkultur!

21.28: Tsipras darf über Banken reden. Aber eigentlich redet er wieder über die Schuldenerleichterung für Griechenland. Die Bankenunion wird quer durch die Bank als Erfolg gefeiert, Verhofstadt bedankt sich sogar bei EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier (der im Publikum sitzt) für die tolle Umsetzung. Das habe er prima hingekriegt. Dann eine Überraschung: Juncker benutzt das erste Schimpfwort des Abends, nicht Tsipras. Juncker sagt, die schönen blauen Augen der Banker, seien ihm "scheißegal".

21.25 Die Moderatorin nennt die Debatte bisher einen "interessanten Austausch." Dann will sie eine Twitterfrage vorlesen. Das klappt natürlich nicht. Irgendwer überrascht?

21.20: Sparen findet inzwischen keiner mehr so wirklich gut. Das böse Wort "Austeritätspolitik" wird gemieden. Dem Konservativen Juncker, der sich die Austeritätspolitik als ehemaliger Euro-Gruppenchef mit ausgedacht hat, bleibt nichts anderes übrig als darauf hinzuweisen, dass die anderen ja auch mitgemacht haben bei der Krisenrettung. Und wer kein Geld hat, sagt er, kann auch keins ausgeben

21.17: Mit den vorbereiteten Statements, die jeweils eine Minute lang sein dürfen, ist den Kandidaten ein ziemlich enges Korsett geschnürt worden. Aufeinander reagieren ist so gut wie unmöglich. Der Liberale Verhofstadt reißt einen spontanen Witz über Martin Schulz und verliert gleich mal 20 Sekunden.

Jugendarbeitslosigkeit als erstes Problemthema

21.11: Der erste Block geht um Wirtschaft. Den fünf Millionen jugendlichen Arbeitslosen will Keller mit grünen Jobs - also mit erneuerbaren Energien - helfen. Tsipras will aufhören zu sparen und das Geld nicht den Banken sondern den Jungen geben. Schulz will einen europäischen Mittelstand fördern, besonders diejenigen, die junge Leute einstellen. Dafür müsste die Kreditklemme gelockert werden. Juncker will sparen, sprich "Konsolidierung der öffentlichen Finanzen", den Rest soll die Tech-Branche richten. Verhofstadt findet alles bisher Gesagtes Quatsch. Er will in Kapital- und Energiemärkten Barrieren abbauen.

21.05: Alle Teilnehmer starten mit einer Eröffnungserklärung. Im Hintergrund wird die Zeit runtergezählt. Verhofstadt nutzt den Moment für einen Appell für mehr europäisches Zusammenwachsen. Tsipras erinnert an die "Spar-Tragödie" in Griechenland. Juncker will mehr Solidarität, die für ihn aber mit Sparen einhergeht. Schulz stellt sich gar nicht mehr vor, so bleibt ihm mehr Zeit um auf die Spekulanten zu schimpfen. Er kriegt den lautesten Applaus. Keller erinnert die Wähler nochmal daran, dass es bei einer Wahl um Alternativen geht. Dafür wollen die Grünen stehen. Allerdings fordert sie dann genauso wie alle anderen Solidarität.

20.58: Der Mitmach-Hashtag bei Twitter lautet #TellEurope. Die Tweets sollen dann in der Sendung vorgelesen werden. Hoffentlich machen die Server mit.

20.53: Die Experten in der Vorab-Phoenix-Runde diskutieren darüber, ob der Wahlgewinner denn dann auch wirklich Kommissionspräsident werden darf. Einer sagt, man solle sich doch schon freuen, dass es überhaupt Spitzenkandidaten gibt. Das sei vor Jahren noch undenkbar gewesen. Prima so ein Spitzenkandidat ohne Spitzenamt.

20:49: Alle Wahlprogramme der Parteien zum Runterladen und Lesen für engagierte Wähler gibt es zum Beispiel hier.

20:41: Ist übrigens nicht ganz einfach, den Begriff TV-Duell zu meiden. Ist schließlich kein Duell heute Abend. Schreiben trotzdem alle.

20:38: Es gab eine Petition, auch diese Live-Debatte zur Primetime zu zeigen und sie nicht auf Phoenix zu verstecken. Die Reaktionen der Fußballfans auf diese Entscheidung wäre sicherlich spannend gewesen.

20:28: Haben Sie eigentlich schon den Wahl-O-Mat gemacht? Nur so ne Frage. Kann helfen.

20.20: Bevor es dann gleich los geht, sei hier noch einmal kurz daran erinnert, um was es eigentlich geht. Alle fünf dort sitzenden Politiker und Politikerinnen haben die Chance, nach der Europawahl Kommissionspräsident* (Gender-Sternchen) zu werden. Das ist in diesem Jahr neu. José Manuel Barroso zum Beispiel, der ist seit 2004 Kommissionspräsident ohne dass ihn jemand gewählt hat - er wurde von den Staats- und Regierungschefs bestimmt. Zukünftig soll es nun so sein, dass die größte Fraktion im Parlament (also die, die bei den Wahlen die meisten Stimmen bekommt) auch den Präsidenten der Kommission stellt. Angela Merkel passt das eigentlich nicht so, wird erzählt, nun hofft sie einfach, dass Juncker das Rennen macht und nicht die Sozen.

Die anderen drei haben vermutlich keine reelle Chance auf die Präsidentschaft, dürfen aber trotzdem mitdiskutieren. So wie Guido Westerwelle, der auch immer beim Kanzlerduell mitmachen wollte.

20.00: Es ist bereits die zweite Debatte zu der alle europäischen Spitzenkandidaten eingeladen sind. Während sich Juncker (Konservative) und Schulz (SPD) noch einmal am 20. Mai zur besten Sendezeit duellieren dürfen, ist es für die anderen Fraktionen die letzte Chance zu glänzen. Die lässt sich diesmal auch der Spitzenkandidat der Linken Alexis Tsipras nicht entgehen, die erste Debatte im April hatte er noch geschwänzt. Der Grieche dürfte etwas Schwung in die bisher doch sehr harmonische Diskussionsrunde bringen: er ist dafür bekannt, gegen Angela Merkel zu pöbeln. Die ist zwar heute nicht da, weil sie - anders als so manches Wahlplakat vermuten lässt - nicht zur Wahl steht, aber Tsipras wird sich die ein oder andere Beschimpfung sicherlich trotzdem nicht entgehen lassen. Vielleicht knüpft er sich auch Schulz vor, der hat nämlich seine letzte Griechenlandreise mal eben so ausfallen lassen.

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