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Pauli

© dpa

Europawahl: Pauli setzt zum Sturm auf Brüssel an

Erst lehrte Ex-CSU-Rebellin Gabriele Pauli im heimischen Bayern Edmund Stoiber das Fürchten, nun will sie als Spitzenkandidatin der Freien Wähler im Europawahlkampf bundesweit den Protest gegen das politische Establishment mobilisieren. Eine Gefahr für die CSU?

"Wir wollen für die Bürger antreten, die die Machenschaften in den etablierten Parteien satt haben", sagte die frühere Fürther Landrätin am Samstag vor ihrer Nominierung. Die Erfolgsaussichten sind ungewiss, doch Angst haben müssen vor allem CSU-Chef Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Insbesondere der CSU droht ein ähnliches Schicksal wie der SPD bei der Geburt der Grünen vor drei Jahrzehnten: die dauerhafte Zersplitterung ihres Wählerpotenzials. Denn die Freien Wähler positionieren sich als basisdemokratische Bürger-Spontis. Schon bei der Europawahl am 7. Juni müssen Seehofers Truppen bangen, die bundesweit nötigen fünf Prozent zu erreichen, um nicht aus dem EU- Parlament zu fliegen. Das wiederum wäre ein Menetekel für die Bundestagswahl im September.

"Wir werden eine immer größere Bürgerbewegung in Gang setzen", droht Pauli. Sie setzt sich als Protest-Ikone des bürgerlichen Lagers in Szene: "Nachdem wir Bayern verändert haben, werden wir die Republik verändern." Die Freien Wähler wollten vor allem die ansprechen, "die den Parteien schon den Rücken gekehrt haben". Davon betroffen ist hauptsächlich der Süden Deutschlands. Am stärksten sind die in der Kommunalpolitik beheimateten Freien Wähler in Bayern und Baden-Württemberg - im Südwesten stellen sie nach eigenen Angaben sogar mehr Bürgermeister als die CDU. Doch schmälern die schweren internen Konflikte der Freien Wähler die Erfolgschancen.

Freie Wähler in Sachsen machen nicht mit

Denn ausgerechnet der erfolgreiche Landesverband in Baden-Württemberg macht beim Europawahlkampf nicht mit. "Ich hoffe, dass der Landesverband nicht gegen uns arbeitet, sondern uns gewähren lässt", seufzt der Bundesvorsitzende Armin Grein. Auch die Sachsen boykottieren die großen Pläne. Der bayerische Landtagsfraktionschef Hubert Aiwanger spricht am Samstag dennoch von der "Geburtsstunde" einer politischen Erneuerung. "Die bisherigen Parteien sind mit ihrem Latein am Ende."

Die Geburtsstunde verläuft basisdemokratisch ungeordnet: Am Anfang debattieren die knapp 90 Delegierten im Münchner Wirtshaus "Der Pschorr" am Viktualienmarkt erst einmal, wer eigentlich stimmberechtigt ist. Ein Europawahlprogramm haben die Freien Wähler auch nicht, lediglich "Europa-Richtlinien" auf einem Flugblatt. Eine weit verbreitete Klage in der CSU lautet, dass die Freien Wähler inhaltlich nicht festzunageln sind - weil sie nach Einschätzung der leidenden CSU gar keine verbindlichen Inhalte haben.

Im bayerischen Landtag stimmen die Freien Wähler mal mit, mal gegen die CSU, und ziemlich häufig enthalten sie sich. Seit drei Jahrzehnten leidet die SPD an der Zersplitterung ihres Wählerpotenzials. Zuerst tauchten die Grünen auf, nach der Wiedervereinigung die SED-Erben von der PDS und Linkspartei. Die Union rangelt zwar seit jeher mit der FDP, doch von neuen Konkurrenten blieb sie bislang verschont. Pauli will das ändern. "Wir wollen eine Umstrukturierung des Parteiensystems insgesamt", sagt sie.

Carsten Hoefer[dpa]

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