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Europawahl: Tschechien: Keine Chance für Europaskeptiker

Tschechiens Anti-EU-Parteien können sich wohl nicht durchsetzen – eine Schlappe für Präsident Václav Klaus.

Die europaskeptischen Parteien haben bei der Wahl zum EU-Parlament in Tschechien nach den ersten Umfragen einen empfindlichen Dämpfer erhalten. Demnach erzielten sie ein Ergebnis weit unterhalb der erforderlichen Fünf-Prozent-Marke. Als Sieger sehen die Umfrageinstitute die bürgerlich-demokratische Partei ODS, gefolgt von den Sozialdemokraten und den Kommunisten. Belastbare Hochrechnungen allerdings gab es in Prag am Sonntag nicht, die ersten Prognosen und Ergebnisse sollten erst am späten Abend veröffentlicht werden.

Wegen der tschechischen Ratspräsidentschaft werden die Prager Wahlergebnisse in ganz Europa mit Spannung erwartet. Vor allem der immer noch schwelende Streit um den Lissabon-Vertrag überschattet die Abstimmung. Die voraussichtlichen Wahlsieger von ODS und Sozialdemokraten haben sich beide für den Reformvertrag ausgesprochen. Die Kommunisten, auf die nach den Umfragen bis zu 13 Prozent der Stimmen entfallen sein könnten, sind erklärte Gegner der EU. Ihre Wählerschaft besteht traditionell vor allem aus Rentnern.

Als klarer Verlierer geht nach Einschätzung von Experten der tschechische Präsident Václav Klaus aus den Wahlen hervor. Er ist in der Vergangenheit immer wieder hart mit den Institutionen der EU und vor allem mit dem Lissabon-Vertrag ins Gericht gegangen. Mit seiner antieuropäischen Rhetorik hat er den Ruf der Tschechen als europafeindliches Volk geprägt. Öffentlich zeigte der eigentlich zur Überparteilichkeit verpflichtete Klaus in der Vergangenheit seine Sympathie für zwei kleine Parteien, die sich als europaskeptische Kräfte neu etablieren wollten: So empfing er unlängst auf der Prager Burg den Chef der Anti-EU-Partei Libertas, Declan Ganley, deren tschechischer Zweig bei den jetzigen Wahlen zum ersten Mal angetreten ist. Und einer von Klaus’ Vertrauten, der Politikwissenschaftler Petr Mach, gründete mit wohlwollenden Begleitworten des Präsidenten die „Partei der freien Bürger“, deren Programm mit den Worten beginnt: „Die EU braucht eine Opposition.“ Dass beide Parteien nach den letzten Umfragen weit unterhalb der Wahrnehmbarkeitsgrenze geblieben sind, wird in Tschechien als Dämpfer für Václav Klaus gewertet.

Wie sich bereits am Sonntag abzeichnete, war die Wahlbeteiligung noch niedriger als bei den vorherigen Europawahlen. Gerade einmal ein Viertel der Stimmberechtigten habe sich in den Wahllokalen eingefunden, hieß es in Tschechien. Meinungsforscher gehen davon aus, dass die Politiker mit ihrem schleppenden Wahlkampf das Interesse für europäische Themen nicht wecken konnten. Eine besondere Rolle dürfte auch der Sturz der konservativen Koalition von Premierminister Mirek Topolanek im März gespielt haben: Seit die eigentlich pro-europäischen Sozialdemokraten mit einem Misstrauensvotum die Regierung mitten in der Ratspräsidentschaft gestürzt und damit die Reputation Tschechiens in der EU beschädigt haben, sind ihre Beliebtheitswerte eingebrochen. Die Europawahlen gelten in Prag auch als Testlauf für die vorgezogenen Neuwahlen im Oktober.

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