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Am Revers trägt Christian Wulff das Bundesverdienstkreuz als Anstecker.

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Update

Prozess gegen Christian Wulff: "Ich erwarte jetzt, dass Recht gesprochen wird"

Der erste Verhandlungstag im Prozess gegen Christian Wulff ist beendet. Der Ex-Bundespräsident hat in einer langen Erklärung die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Am kommenden Donnerstag sagen die ersten vier Zeugen aus.

Ex-Bundespräsident Christian Wulff hat alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Er sei nicht korrupt gewesen, betonte er am Donnerstag in einer langen Erklärung vor Gericht in Hannover. Wulff räumte aber ein, 2008 bei Siemens-Chef Peter Löscher für das Filmprojekt "John Rabe" geworben zu habe, das sein Freund David Groenewold finanziert habe.

Das habe er aber getan, weil ihm das Thema sehr am Herzen gelegen habe. Der entsprechende Brief an Siemens sei nicht von ihm persönlich erstellt worden. "Ich habe Tausende solcher Briefe in meiner Zeit als Ministerpräsident verschickt."

Wulff nahm aber auch zur menschlichen Seite der Vorwürfe Stellung: "Die persönlichen Schäden, die meine Familie und ich erlitten haben, werden bleiben. Wahrscheinlich ein Leben lang", sagte er. "Ich erwarte jetzt, dass Recht gesprochen wird." Der Prozess wird nächsten Donnerstag mit der Vernehmung der ersten vier Zeugen fortgesetzt.

Um zehn Uhr war der erste Verhandlungstag an diesem Vormittag gestartet - und wurde um 10.15 Uhr kurzzeitig unterbrochen. Der Verteidiger des mitangeklagten Filmproduzenten Groenewold bemängelte, es seien zu viele Journalisten im Raum und zu wenig "normale" Zuschauer - und ließ die Verhandlung stoppen.

Wulff erschien mit seinem Bundesverdienstkreuz am Revers in Schwurgerichtssaal 127 des Hannoveraner Landgerichts. "Das ist das große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband, aber in der Ausführung, die man bei solchen Anlässen trägt", erklärte er. Vor dem Auftakt seines Prozesses beteuerte Wulff seine Unschuld. „Dies ist sicher kein einfacher Tag“, sagte der 54-Jährige.

„Aber ich bin mir ganz sicher, dass ich auch den allerletzten Vorwurf ausräumen werde, weil ich mich immer korrekt verhalten habe im Amt, und ich möchte mich nach dem Verfahren mit großer Freude wieder all der Themen annehmen, die mir immer am Herzen gelegen haben.“ Wulff sagte weiter: „Das ist meine Einstellung, mit der ich in diese Hauptverhandlung gehe. Das muss jetzt entschieden werden.“ Mit Wulff muss erstmals in Deutschland ein ehemaliger Bundespräsident auf der Anklagebank Platz nehmen. Ihm wird Vorteilsannahme zur Last gelegt.

Der mit Wulff vor Gericht stehende Groenewold hat laut Anklage rund 700 Euro Kosten übernommen für Hotel, Kinderbetreuung und einen Oktoberfestbesuch des Ehepaares Wulff im Jahr 2008. Im Gegenzug soll Wulff versucht haben, den Siemens-Konzern für den Groenewold-Film „John Rabe“ als Sponsor zu gewinnen.

Nur einen Tag nach Einleitung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft war der inzwischen 54 Jahre alte Wulff am 17. Februar 2012 als Staatsoberhaupt zurückgetreten. Wulff nahm beim Prozessauftakt gemeinsam mit seinen Anwälten den Haupteingang des Landgerichts. Er hat wie Groenewold das Angebot der Staatsanwaltschaft ausgeschlagen, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen. Die Angeklagten streben einen Freispruch an.

Wulffs Verteidiger Michael Nagel erklärte, die Hypothese sei absurd, dass Wulff sich „für einen Freund wegen ein paar hundert Euro gefällig gezeigt“ haben solle. Das Verfahren dürfe nicht weiter Gefahr laufen, zu einem Schauspiel zu werden. Verteidiger Bernd Müssig betonte, Wulff sei schwerer öffentlicher Schaden zugefügt worden. Die Verteidigung erwarte, dass die Anklage niedergeschlagen werde. „Es darf bei einem Freispruch nichts hängen bleiben.“

Die Anklage lautete ursprünglich auf Bestechung und Bestechlichkeit, die 2. Große Strafkammer unter dem Vorsitzenden Frank Rosenow aber ließ zur Hauptverhandlung nur den geringeren Vorwurf der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme zu. Groenewold muss sich außerdem verantworten, weil er nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft an Eides statt unwahre Aussagen gemacht hat über die Kosten des Oktoberfestbesuches.

Das Gericht hat bis in den April 2014 über 20 Verhandlungstage angesetzt und will bis zu 45 Zeugen hören - darunter auch Bettina Wulff, die sich inzwischen von ihrem Mann getrennt hat. (AFP)

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