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Bill Clinton hatte eine schwere Kindheit. Wenige Menschen, die so hart ins Leben starten, kommen so weit wie er.

© imago/UPI Photo

Ex-US-Präsident wird 70: Bill Clinton - der geliebte Schlingel

Charmant, offen und stets zuversichtlich: Bill Clinton überstand auch als US-Präsident viele Krisen. Bald kehrt er vielleicht ins Weiße Haus zurück – als Ehemann der ersten Präsidentin. An diesem Freitag wird er 70.

Wäre er Deutscher, dann wohl ein Rheinländer: Et hätt noch emmer joot jejange. Bill Clinton, der heute 70 wird, nimmt die Menschen mit zwei Eigenschaften für sich ein: Er gibt ihnen das Gefühl, dass er sich für sie persönlich interessiere, ganz besonders gilt das für Frauen. Und er strahlt eine ansteckende Zuversicht aus. Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.

Er ist der wandelnde Beweis für die Belastbarkeit dieser Lebenshaltung, privat wie politisch, er hat sie zu seinem Markenzeichen gemacht. Bill spendet Lebensmut, ohne reflexhaften Optimismus zu verbreiten. Er sagt, was schiefläuft, benennt die Hindernisse für Lösungen und findet doch einen Ausweg. Der klingt deshalb so überzeugend, weil Clinton Menschen auftreten lässt, seine Gedanken aus ihren Schicksalen ableitet und nicht über theoretische Konzepte spricht. Ja, sein Anlauf zur Gesundheitsreform ist 1994 gescheitert. Aber immerhin gelang es, tausenden Kindern eine Krankenversicherung zu geben und das Adoptionsrecht zu modernisieren, weil er und Hillary Clinton sich zunutze machten, dass ihr republikanischer Gegenspieler Tom DeLay selbst ein Adoptivkind war.

Sein Vater starb drei Monate vor seiner Geburt bei einem Unfall

Bill Clinton hatte keine schöne Kindheit. Wenige Menschen, die so hart ins Leben starten, kommen so weit wie er. Er würde es wohl umgekehrt erzählen: Wie die frühen Erfahrungen ihn lehrten, stets an die Chance zu einer Verbesserung zu glauben. Der Name seines Geburtsorts im ländlich-ärmlichen Südstaat Arkansas wurde zum Lebensmotto: Hope (Hoffnung).

Sein Vater starb drei Monate vor seiner Geburt bei einem Autounfall. Die Mutter musste nun den Lebensunterhalt verdienen, zog fort, um sich zur Krankenschwester ausbilden zu lassen, und ließ das Kleinkind bei den Großeltern. Sie heiratete erneut, Bills Stiefvater erwies sich als Trinker und Spieler mit Hang zur Gewalttätigkeit. Der Chor der katholischen Schule, das Saxofon und Bücher, Bücher, Bücher brachten Freude in Bills Jugend. Dank Stipendien konnte er in Washington, Oxford und Yale studieren.

Bill und Hillary - hier im Juli - wurden zu einem „Power Couple“, erst in Arkansas, dann in Washington.
Bill und Hillary - hier im Juli - wurden zu einem „Power Couple“, erst in Arkansas, dann in Washington.

© AFP

In der Uni-Bibliothek von Yale begann vor 45 Jahren die Beziehung, die sein Leben prägte und nun seinen Lebensabend bestimmt – bis hin zur Frage, wie man ihn nennen solle, wenn er, der Ex-Präsident (1992–2000), nächsten Januar erster Ehemann einer US-Präsidentin werden sollte. „Im Frühjahr 1971 traf ich ein Mädchen. Ein Mädchen mit dichtem blondem Haar, einem breitem Lachen und großem Selbstbewusstsein.“ So hat er seine erste Begegnung mit Hillary Rodham gerade auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten beschrieben. Bill und Hillary wurden zu einem „Power Couple“, erst in Arkansas, dann in Washington. Dank der Reichweite der Clinton-Stiftung und des internationalen Netzwerks, das sich aus zwei Amtszeiten im Weißen Haus und vier Jahren als Außenministerin ergibt, darf man von globalem Einfluss der Clintons sprechen.

Fast demonstrativ traten Bill und Hillary als politisches Paar auf und förderten den Gedanken der Gleichberechtigung, die in ihrer Generation noch nicht allgemein akzeptiert war. Hillarys Erklärungen, dass sie ihren Mädchennamen Rodham beibehalte, dass sie ihren Beruf als Rechtsanwältin ausübe, auch wenn ihr Mann Gouverneur sei, und dass sie jedenfalls nicht „Plätzchen backen“ werde, als sie ins Weiße Haus einzogen, trafen auf Kritik. Und ebenso die selbstbewusste Formel: You get two for the price of one.

Doch Bill zog immer wieder den Kopf aus der Schlinge

Hinzu kamen Bills Affären, die andere Politiker mit weniger sonnigem Gemüt und Sympathiebonus wohl politisch nicht überlebt hätten: Trooper-Gate, Whitewater, FBI Files, Monica Lewinsky. Affären, die sich um außereheliche Beziehungen, die fragwürdigen Umstände und das Leugnen drehten, aber auch um Immobiliengeschäfte und den Umgang mit vertraulichen Informationen.

Doch Bill zog immer wieder den Kopf aus der Schlinge und machte dem Spitznamen „Comeback Kid“ Ehre, den er sich im Präsidentschaftswahlkampf 1992 verdient hatte. Er hatte eben die öffentliche Meinung meist hinter sich. Die Bürger wussten, dass sie einen Schlingel gewählt hatten, aber sie mochten diesen Schlingel und verziehen ihm manches. Die höchsten Zustimmungswerte erzielte er, das ist bemerkenswert, kurz nach dem gescheiterten Impeachment, zum Ende seiner zweiten Amtszeit: 68 Prozent.

Seine Beliebtheit, seine Schwächen, aber auch sein Humor spiegeln sich in den Vorschlägen, wie man ihn nennen solle, falls Hillary Präsidentin wird: First Husband oder First Gentleman? Das klingt gestelzt, und „gentlemanlike“ war sein Umgang mit Frauen auch nicht immer. „First Dude“ haben Satiriker vorgeschlagen, das klinge kumpelhaft, passe also zu Bill. Er selbst hat im September 2007, als Hillary ihre erste Kandidatur vorbereitete, einen Sprachimport aus dem Schottischen vorgeschlagen: „First Laddie“, denn das komme der „First Lady“ am nächsten. Und es verbindet den Respekt mit dem Kumpelhaften.

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