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Politik: Experiment Arbeit

Bis zuletzt haben Opposition und Regierung gestritten, ob Kommunen Erwerbslose betreuen sollen

Berlin - Nach monatelangen Verhandlungen haben Regierung und Opposition am Mittwochabend im Vermittlungsausschuss ihren Streit über die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe beigelegt. Zunächst kamen sich beide Seiten kaum näher. Nach einer ersten Runde berieten die Lager getrennt und kamen erst nach 22 Uhr wieder zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen. Eine halbe Stunde später meldete dann SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler: „Die Einigung steht.“

Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für Langzeitarbeitslose wird das bisherige Nebeneinander zwischen Arbeits- und Sozialbehörden beenden. Im Grundsatz hatten sich Regierung und Opposition bereits im Dezember 2003 in einem Vermittlungsverfahren auf das Hartz-IV-Gesetz verständigt, in dem die Fusion der beiden Transferleistungen geregelt ist.

Strittig zwischen Regierung und Opposition blieb in den vergangenen Monaten jedoch, welche Rolle die Kommunen von 2005 an bei der Betreuung der Langzeitarbeitslosen spielen. Zwar hatten sich beide Seiten im vergangenen Jahr auf einen Kompromiss verständigt, der sich in der praktischen Umsetzung jedoch als kompliziert erwies: Kommunen sollen ein Wahlrecht haben, die Betreuung der Arbeitslosen selbst zu übernehmen. Ursprünglich hatte die Union den Kommunen die Aufgabe komplett übertragen wollen, während Rot-Grün sich für eine Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit einsetzte.

Als Kompromiss soll es nun eine Experimentierklausel geben: In jedem Bundesland soll eine bestimmte Anzahl von Kommunen die Betreuung in Eigenregie übernehmen können. Bis zuletzt wurde darum gekämpft, wie viele Kommunen diese Klausel nutzen können – am Ende einigte man sich auf 69. Die Union hatte 96 gefordert, die SPD wollte nur 42. Bis zum 15. September müssen die Kommunen den Antrag für die Option stellen, sie gilt zunächst für sechs Jahre. Der Großteil der insgesamt 439 kommunalen Sozialhilfeträger wird die Langzeitarbeitslosen nicht alleine unter die Fittiche nehmen, sondern in Arbeitsgemeinschaften mit den lokalen Arbeitsagenturen betreuen.

In den vergangenen Wochen hatte die Union den Preis für die Einigung in die Höhe getrieben. In der Sitzung des Vermittlungsausschusses einigte man sich auf 3,2 Milliarden Euro für die Kommunen; Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) war mit einem Angebot von drei Milliarden Euro in die Runde gegangen. Der Bund beteiligt sich an den Unterkunftskosten für die Langzeitarbeitslosen. Vor der Vermittlung hatte Clement noch 2,56 Milliarden Euro geboten, Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch hatte dagegen 3,5 Milliarden Euro gefordert. „Jetzt geht es nur noch darum, dass die Union sich die Trophäe als Retter der Kommunen anheften will“, hieß es im Vorfeld von Regierungsseite.

Letztlich haben die Kommunen zudem über eine „Revisionsklausel“ die Garantie erhalten, dass sie nicht auf den Kosten der Reform sitzen bleiben werden. Mehrmals im Jahr soll anhand der tatsächlichen Ausgaben mit dem Bund abgerechnet werden.

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