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Politik: Expo 2000: Das zu erwartende Milliardendefizit der Expo bringt Niedersachsens Politiker ins Grübeln

Die Expo in Hannover bringt Niedersachsens Finanzpolitiker ins Grübeln. Wer trägt das Defizit, wenn am 31.

Die Expo in Hannover bringt Niedersachsens Finanzpolitiker ins Grübeln. Wer trägt das Defizit, wenn am 31. Oktober abgerechnet wird? Die Prognosen zu der voraussichtlichen Größe der roten Zahlen werden immer düsterer. Expo-Chefin Birgit Breuel hat am letzten Wochenende nach langem Zaudern erstmals eingestanden, dass man die angestrebte Zahl von 40 Millionen Besuchern nicht wird erreichen können. Damit ist klar: Das Defizit wird die bisher einkalkulierten 400 Millionen Mark überschreiten.

Für die ersten 400 Millionen Mark war die Aufteilung klar: Bund und Land Niedersachsen tragen die Last je zur Hälfte. Darüber hinaus sind von der Expo-Gesellschaft Kredite aufgenommen worden, für die Bund und Land jeweils 50 Prozent der Bürgschaften übernommen haben - es handelt sich um insgesamt rund 1,8 Milliarden Mark. Im ungünstigsten Fall - wenn nämlich die Flaute in den Besucherzahlen anhält - dürfte das Minus der Weltausstellung schließlich bei rund zwei Milliarden Mark liegen. Das hieße, für den Bund und für das Land jeweils eine Milliarde.

An diesen gewaltigen Zahlen entzündet sich nun eine vielstimmige Debatte in der niedersächsischen Landespolitik. Der zuständige Finanzminister Heiner Aller (SPD) weigert sich, an Spekulationen teilzunehmen. "Wir reden mit dem Bund darüber, allerdings nicht öffentlich", betonte Aller. Regierungssprecher Michael Linkersdörfer (SPD) deutet an, die anderen Länder könnten sich an den Lasten beteiligen. Dies wiederum hält Innenminister Heiner Bartling (SPD) für eine schlichte Illusion, wie er überhaupt die Debatte als "völlig daneben" bezeichnet. Das ständige Diskutieren über ein mögliches absehbares Defizit der Expo wirke nämlich abschreckend. "Vielleicht kommen auch deshalb nicht mehr Leute zur Weltausstellung", vermutet Bartling.

So deutlich sich jetzt herausschält, dass die Erwartungen zu Beginn der Weltausstellung überhöht gewesen sind, so heftig wird nun in Niedersachsen über die Folgen diskutiert. Das chronisch finanzschwache Niedersachsen könnte es kaum verkraften, ein Expo-Defizit von einer Milliarde Mark zu decken. Ein solcher Betrag ließe die zuständige landeseigene Finanzierungsgesellschaft an ihre Grenzen stoßen. Für das Land kommt es indes noch schlimmer: Bislang fehlen klare Vereinbarungen zu der Frage, wer denn die über 400 Millionen Mark hinausreichenden Verluste zu decken hat. Lediglich ein Brief des früheren Ministerpräsidenten Gerhard Schröder an den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl, in dem von der "nationalen Aufgabe Expo" die Rede ist, liegt in den Akten der Staatskanzlei. Es fällt auf, wie stark Gabriel derzeit Bundesfinanzminister Hans Eichel und Schröder zur Seite springt: Im Streit um die Steuerreform engagierte sich Gabriel im Vermittlungsausschuss, unterstützte offensiv die Linie der Bundesregierung und bot Schröder und Eichel seine Hilfsdienste an. In der Debatte darüber, was mit Erlösen aus dem Verkauf der Mobilfunklizenzen werden soll, ließ Gabriel der Bundesregierung bewusst freie Hand - gegen andere Stimmen aus seinem Kabinett, die zunächst Ansprüche hatten anmelden wollen. In Hannover wird vermutet, Gabriel verhalte sich ganz bewusst freundlich und zuvorkommend gegenüber der Bundesregierung. Geschieht das in der stillen Hoffnung, Eichel und Schröder haben im Herbst ein Einsehen und tragen mehr als die Hälfte der Verluste?

Einen Vorstoß unternehmen in dieser Frage jetzt die niedersächsischen Grünen, die in Hannover in der Opposition sitzen. Sie wollen mit ihrer Bundespartei, die in Berlin ja am Kabinettstisch sitzt, schon jetzt Klarheit über die Kostenaufteilung erreichen. Der hannoversche Expo-Experte der Grünen, Enno Hagenah, hofft auf ein Einsehen seiner Parteifreunde in Berlin. Die Expo sei eben eine überregionale Veranstaltung, folglich müsse der Bund dem Land Niedersachsen bei den Kosten stark entgegenkommen.

Das Milliardenloch wird auch zum Thema für den niedersächsischen Landesrechnungshof. "Wir werden uns zwangsläufig damit befassen müssen", sagte Vizepräsidentin Hinriette Ohling am Montag in Hildesheim. Dies werde im Rahmen der Beratungen für den Landeshaushalt 2001 geschehen.

Der stellvertretende PDS-Parteivorsitzende Diether Dehm forderte unterdessen den Rücktritt von Generalkommissarin Birgit Breuel wegen der geringen Besucherzahlen der Expo. Breuel sei "eine wahrhafte Weltmeisterin" im Verschleudern von Steuergeldern, erklärte Dehm.

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