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Ausgebremst. Verboten werden die Rockerclubs nicht. Unter Beobachtung aber stehen die Männer in den Lederkutten allemal.

© picture-alliance/ dpa/dpaweb

Extremismus: Rocker auf der rechten Spur

Zwischen Neonazis und Rockern gibt es Kontakte und Handel. Wurde dies von Behörden unterschätzt?

Sie fanden eine Maschinenpistole, ein Gewehr, Pistolen und beinahe 1000 Schuss Munition. Fünf Personen nahmen sie fest. Als die Polizei kürzlich Quartiere der Hells Angels in Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein durchsuchte, war dies nicht nur eine der größten Polizeiaktionen in der Geschichte der Bundesrepublik. Bei der Razzia kam auch heraus, wovor Sicherheitsexperten seit Jahren warnen: Zwischen Rockern und Rechtsextremen bestehen zum Teil geschäftliche und manchmal auch ideologische Verbindungen.

So wurde in Kiel wegen der illegalen Waffengeschäfte der Rocker auch bei einem Stadtratsmitglied der NPD durchsucht. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass Waffen von den „Bikern“ an Rechtsextreme geliefert worden sind.

Noch im Juni 2010 hatte das Bundeskriminalamt in einer „Sonderauswertung zu Verbindungen von Rechtsextremisten und Rockern“ die Problematik solcher Geschäftsbeziehungen als Einzelfälle beurteilt. Im ganzen Bundesgebiet waren von den zuständigen Landeskriminalämtern lediglich 40 Fälle von Überschneidungen zwischen den Milieus bekannt, von Insidern als „Mischszene“ bezeichnet. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz wird im Bericht des Bundeskriminalamts derart zitiert: „Bei den in den Medien genannten Sachverhalten handelt es sich um Einzelfälle aufgrund derer nicht auf eine systematische Zusammenarbeit zwischen der rechtsextremistischen Szene und Rockergruppen geschlossen werden darf.“

Rockerkriminalität in Deutschland und wie die Behörden dagegen vorgehen:

Dabei war bereits im November bekannt geworden, dass der ehemalige Präsident der Bandidos in Neumünster Kontakte zum „Thüringer Heimatschutz“ gehabt haben soll. Borchert, ehemaliger NPD-Landesvorsitzender in Schleswig- Holstein, flog 2003 mit einem florierenden Waffenhandel bei der aus dem Umfeld der rechtsextremen Vereinigung „Blood & Honour“ stammenden Kampftruppe „Combat 18 Pinneberg“ auf und wurde 2005 verurteilt. Über die Lieferanten und Abnehmer der illegalen Waffen schwieg er eisern.

"Mit Politik haben wir nichts am Hut."

Rocker der Bandidos aus dem Chapter in Oldenburg bestätigen ausdrücklich, dass es solche Verbindungen gibt: „Wir schauen nicht, wer in seiner Vergangenheit etwas gemacht hat, ob Neonazi oder Linksextremer, bei uns kriegt jeder seine Chance, wenn er sich nur an die Regeln hält“, bestätigt „Witchi“, Präsident des Chapters. „Natürlich gibt es manchmal auch Überschneidungen, etwa bei Veranstaltungen. Wir stellen die Räume zur Verfügung, kümmern uns manchmal auch um den Getränkeverkauf, aber das sind rein geschäftliche Interessen, mit Politik haben wir nichts am Hut.“

Doch wenn die Bandidos auch Kontakte bestätigen – jedwede politische Betätigung weisen sie von sich. Sie gestehen ein: „Natürlich üben wir einen Reiz auch auf solche Menschen aus, junge Männer finden bei uns feste Strukturen und Regeln.“ Es sei nur natürlich, dass dies auch Neonazis anziehen würde, sagt „Dirk“. Doch dabei stellt er klar: „Wer zu uns will, muss dieses frühere Leben aufgeben.“ Dennoch, meint „Witchi“, bleibt ein Restrisiko. „Was die dann in ihrer Freizeit machen und welche privaten Kontakte die dann haben, darauf haben wir keinen Einfluss.“

In Wismar gibt es bereits ganz offiziell einen rechtsextremen Rockerclub, die „Schwarze Schar“. Hervorgegangen ist dieser Club aus der „Werwolf Gruppe“, einem Zusammenschluss von Personen um den „Werwolf Shop“ in Wismar. Zwei der Mitarbeiter dieses rechtsextremen Geschäfts wurden im Mai 2008 zu Haftstrafen verurteilt, nachdem ein 30-Jähriger aus der Neonazi-Szene umgebracht worden war. Enge Beziehungen bestehen zum „Gremium MC“, dessen Mitglieder bei einer Party im Oktober 2011 in den Klubräumen zugegen waren. Und genau dieser MC wird von Ermittlungsbehörden immer wieder mit Waffenhandel in Verbindung gebracht. Erst im vergangenen Jahr wurden bei einem früheren Mitglied eine Pumpgun, ein Revolver und eine Maschinenpistole sichergestellt.

Einer allerdings zeigt sich entschlossen. Es ist „Wolle“, der ehemalige Präsident der Bandidos in Osnabrück. „Wer sich bei uns rechtsradikal äußert, etwa einen türkischen Bruder rassistisch beleidigt, wird von uns hart sanktioniert, so etwas wollen wir nicht und wer sich daran nicht hält, der kann dann gehen.“ Es klingt glaubhaft – und kann doch nichts am Reiz ändern, den Rocker offenbar auf Rechtsextreme ausüben.

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