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Sebastian Edathy - die Parteispitze will ihn aus der SPD werfen.

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Update

Fall Edathy: SPD-Spitze startet Verfahren zum Parteiausschluss

Alle sind enttäuscht. Oder sauer. Die CSU hat ihren Ärger über die SPD noch nicht verdaut. Die SPD will Sebastian Edathy nun vor die Tür setzen. Und der hat am Montag eine weitere Strafanzeige gegen die Ermittler gestellt, weil die "jedes Maß" verloren hätten.

Die SPD-Spitze strebt den Rauswurf ihres langjährigen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy aus der Partei an. "Es gibt ein formales Parteiordnungsverfahren gegen Herrn Edathy", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Montag nach einer Besprechung des Parteipräsidiums. Man habe das Verfahren einstimmig an die Bezirksschiedskommission in Hannover übergeben. Fahimi begründete den Schritt mit moralisch unkorrektem Verhalten Edathys - gegen ihn laufen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie. Edathy betont, nichts Strafbares getan zu haben. Bereits vor einer Woche hatte der SPD-Vorstand einstimmig das Ruhen der Mitgliedsrechte gemäß Paragraf 18 der SPD-Satzung beschlossen. Einhergehend damit ist ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel eines Parteiausschlusses.

Edathy selbst meldete sich am Montagnachmittag über seinen Anwalt zu Wort und ließ erklären, dass er eine weitere Strafanzeige gegen die Ermittler stellt. Er wirft der Staatsanwaltschaft Hannover die Verletzung von Dienstgeheimnissen vor. "Die Ermittlungsbehörden haben bei ihrem Umgang mit Sebastian Edathy jedes Maß verloren. Zu der Missachtung der Unschuldsvermutung und der Benennung von Details aus seiner Privatsphäre kommt nunmehr die Verletzung von Dienstgeheimnissen hinzu", heißt es in der Mitteilung seines Anwalts Christian Noll. Edathy wirft den Ermittlungsbehörden vor, die die "vollständige Ermittlungsakte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zugänglich gemacht zu haben". Deshalb forderte er die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) auf, „die Staatsanwaltschaft Hannover sowie die vorgesetzte Generalstaatsanwaltschaft Celle von der Zuständigkeit für das Verfahren zu entbinden“.

Edathy wehrt sich auch die Äußerungen der Staatsanwaltschaft Hannover, wonach sich das Material Edathys in einer "Grauzone" befinde. "Es gibt keine rechtlichen Grauzonen. Es gibt legal und nicht-legal. Das Bundeskriminalamt, die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main sowie die Staatsanwaltschaft Hannover selbst haben das Verhalten von Herrn Edathy als nicht strafbar eingestuft. Der Vorgang hätte daher bereits Anfang November geschlossen werden müssen. Stattdessen hat die Staatsanwaltschaft öffentlichkeitswirksam Durchsuchungen vorgenommen, in der bloßen Hoffnung, dabei etwas zu finden. Gegen die Durchsuchungsbeschlüsse wurde daher Beschwerde eingelegt", heißt es in der Erklärung.

Er war Innen- und Agrarminister: Hans-Peter Friedrich (CSU)
Er war Innen- und Agrarminister: Hans-Peter Friedrich (CSU)

© dpa

Die CSU ist wegen des Falls Edathy immer noch sauer auf die SPD und verlangt nun öffentliche Reue von den Sozialdemokraten. "Die Reumütigkeit, die bei internen Gesprächen von Seiten der SPD zum Ausdruck kommt, die wünsche ich mir auch in der Öffentlichkeit", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Montag vor einer Vorstandssitzung ihrer Partei in München. Dabei kritisierte sie eine "Doppelzüngigkeit" der Sozialdemokraten.

Hasselfeldt zweifelte zudem Oppermanns Selbsteinschätzung an, nach wie vor ein "Stabilitätsanker" der großen Koalition zu sein. Sie habe „schmunzeln“ müssen, als sie das von ihm gehört habe. "Er sollte es beweisen durch sein Handeln in der Zukunft." In der CSU machen viele Oppermann für den Rücktritt ihres Agrarministers Hans-Peter Friedrich verantwortlich. Dieser hatte sein Amt aufgegeben, nachdem Oppermann erklärt hatte, der damalige Bundesinnenminister habe SPD-Chef Sigmar Gabriel bereits im vergangenen Oktober über einen Kinderpornographie-Verdacht gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy informiert. Friedrich wird vorgeworfen, möglicherweise Dienstgeheimnisse verraten zu haben.

Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleiten will. Meldungen, wonach dies der Fall sei, wollte die Staatsanwaltschaft am Montag nicht kommentieren. Sollten tatsächlich Ermittlungen aufgenommen werden, dürfte das für neuen Zündstoff in der Koalition sorgen.

Doch die CSU hat nicht nur die SPD im Blick, sondern auch das Bundeskriminalamt. Und damit stehen die Christsozialen nicht allein, auch aus der CDU und der Opposition gibt es Kritik am BKA. Im Mittelpunkt dabei steht die Frage, warum das BKA so lange gebraucht hat, bis es auf den Namen Edathy gestoßen ist. "Wir müssen auf jeden Fall alles dafür tun, dass in Zukunft solche Ermittlungsverfahren wesentlich schneller vorangehen", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Bei Verdacht auf Kinderpornografie müsse so schnell wie irgend möglich gehandelt werden. "Da habe ich überhaupt kein Verständnis für diese lange Verfahrensdauer", betonte Herrmann. Das sei dann völlig unabhängig vom Fall Edathy ein "grundsätzliches Problem".

Das BKA hatte seit Oktober 2011 eine Liste mit rund 800 deutschen Kunden einer Kinderporno-Webseite. Doch die Liste blieb zunächst ein Jahr unbearbeitet liegen. BKA-Chef Jörg Ziercke verwies nach der Sitzung des Bundestags-Innenausschusses am vergangenen Mittwoch auf ein anderes laufendes Verfahren in Sachen Kinderpornografie, was Priorität hatte. Im Oktober 2012 liefen dann die Ermittlungen an, die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main übernahm den Fall zusammen mit der "Zentralstelle zur Bekämpfung von Internetkriminalität". Es wurden lokale Zugehörigkeiten ausgemacht und die Landeskriminalämter eingeschaltet. Vermutlich ist dabei auch schon der Name Edathy aufgetaucht. Trotzdem dauerte es dann nochmal ein Jahr, bis der Polizei Nienburg aufgefallen war, wer Sebastian Edathy ist.

Auch das Bundesinnenministerium geht davon aus, dass der Name Edathy schon aufgetaucht war, aber erst der Polizei Nienburg bewusst geworden war, wer das sei. So hatte es BKA-Chef Ziercke am vergangenen Mittwoch nach einer Sitzung des Bundestags-Innenausschusses geschildert. Das Ministerium verteidigte das BKA. In der Datei seien 800 Namen gewesen und da verwundere es nicht, dass man beim BKA nicht jeden einzelnen Namen prüfen könne. Die Behörde habe richtig gehandelt und wie in jedem Verfahren üblich, die Länder eingebunden. Das BKA selbst wollte sich am Mittag zu den Vorwürfen nicht äußern.

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