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Fall Kurnaz: Verteidigungsausschuss übernimmt Untersuchung

Im Fall des Bremer Türken Murat Kurnaz übernimmt der Verteidigungsausschuss die Untersuchung der Misshandlungsvorwürfe gegen Soldaten der Bundeswehr.

Berlin - Der Ausschuss sollte sich am Nachmittag zusätzlich als Untersuchungsausschuss konstituieren. Die Vorlage der Koalitionsmehrheit für den Untersuchungsauftrag, über den am Abend abgestimmt werden soll, sieht auch grundsätzliche Prüfungen zum Einsatz der Bundeswehr-Eliteeinheit KSK vor, deren Soldaten Kontakt zu Kurnaz während dessen Haftzeit in einem US-Lager im südafghanischen Kandahar hatten.

Der Verteidigungsausschuss soll nach dem Willen von Union und SPD die Kontakte der Soldaten zu Kurnaz im Zeitraum von etwa November 2001 bis Februar 2002 untersuchen. Dabei soll auch geklärt werden, ob Kurnaz wie von ihm angegeben "durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt" wurde. Auf Drängen der Opposition stimmten die Koalitionsfraktionen im Vorfeld der konstituierenden Sitzung auch Untersuchungen darüber zu, nach welchen Einsatzregeln die KSK-Soldaten damals gehandelt haben. Schließlich geht es jeweils um die Frage, ob und in welcher Form Bundeswehrführung und Bundesregierung Kenntnis von diesen Vorgängen in Afghanistan hatten. Auch der Prüfauftrag zu den Kontakten wurde etwas weiter gefasst.

Opposition will Erweiterung des Prüfauftrags

Die Opposition würde den Auftrag gerne noch umfassender gestalten. Das machte Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele deutlich. Ziel der Grünen sei es, den gesamten KSK-Einsatz bis Mitte 2003 zum Gegenstand der Prüfungen zu machen, sagte Ströbele. Auf eine Erweiterung des Prüfauftrages hatten zuvor auch Linkspartei und FDP gedrängt.

Mit dem Fall Kurnaz befasst sich auch der bereits bestehende Geheimdienst-Untersuchungsausschuss, der generell Vorwürfe gegen Geheimdienste und andere staatliche Stellen im Zusammenhang mit dem Anti-Terror-Kampf untersucht. Sein Auftrag war kürzlich um Aspekte erweitert worden, die mit dem Fall Kurnaz zusammenhängen. Abgrenzungsprobleme zwischen den künftig zwei Untersuchungsausschüssen sieht Ströbele jedoch nicht. Während sich der Verteidigungsausschuss gemäß Artikel 45 des Grundgesetzes mit Fragen befasst, die im Fall Kurnaz mit der Bundeswehr zu tun haben, geht es in dem bereits bestehenden Ausschuss um die Haftzeit von Kurnaz im US-Gefangenenlager Guantánamo und seine Vernehmung durch deutsche Ermittler.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Frage, ob deutsche Geheimdienste oder sogar die Bundesregierung ein Angebot abgelehnt haben, Kurnaz 2002 von Guantánamo nach Deutschland zu überstellen. "Das ist wohl so gewesen", sagte Ströbele. Er bekräftigte, die Grünen wollten erreichen, dass Kurnaz möglichst bereits am 23. November vom Geheimdienst-Untersuchungsausschuss angehört wird. Auch der damalige Kanzleramtschef und heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie weitere frühere Minister sollen dort gehört werden. Der Geheimdienst-Ausschuss will am Donnerstag über sein Vorgehen entscheiden. (tso/AFP)

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