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Nadija Sawtschenko.

© REUTERS

Fall Nadija Sawtschenko: Ukraine bittet um die Hilfe deutscher Ärzte

Kiew will, dass die inhaftierte ukrainische Pilotin Nadija Sawtschenko von Ärzten aus Deutschland untersucht wird. Doch eine Zusage aus Berlin gibt es bislang nicht.

Die Ukraine hat Deutschland im Fall der in Russland inhaftierten ukrainischen Pilotin Nadija Sawtschenko um Unterstützung gebeten. „Auf ausdrückliche Bitte von Präsident Petro Poroschenko habe ich die deutsche Seite ersucht, deutsche Ärzte zu Nadija Sawtschenko zu schicken“, sagte der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk dem Tagesspiegel. Ein entsprechendes Schreiben habe er am Donnerstag an das Bundeskanzleramt geschickt. Eine Zusage gibt es aus Berlin bisher nicht: „Wir werden das sehr genau prüfen, und wir nehmen diese Bitte des ukrainischen Präsidenten sehr ernst“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, am Freitag. „Das humanitäre Schicksal von Nadija Sawtschenko liegt der Bundesregierung sehr am Herzen.“

Die ukrainische Pilotin muss sich in einem international kritisierten Prozess in Russland verantworten, ihr drohen bis zu 23 Jahre Haft. Sie war im Juni 2014 in der Ostukraine von Separatisten gefangen genommen und von dort nach Russland verschleppt worden. Die russische Justiz wirft ihr Beihilfe zum Mord an zwei russischen Journalisten in der Ostukraine vor, Kiew spricht von einem Schauprozess. Auch die Bundesregierung kritisierte das Verfahren scharf und forderte Sawtschenkos Freilassung: „Der Prozess gegen sie läuft rechtsstaatlichen Grundsätzen zuwider“, erklärte der Russland-Beauftragte Gernot Erler.

Melnyk lobte die deutlichen Worte aus Berlin, damit habe Deutschland ein „klares politisches Signal“ gesendet. Intellektuelle aus West- und Osteuropa hatten Anfang der Woche in einem offenen Brief die europäischen Staats- und Regierungschefs aufgefordert, sich für die Freilassung der Pilotin einzusetzen. Seit vergangener Woche ist Sawtschenko im Hungerstreik, mehrere Tage nahm sie weder Nahrung noch Wasser zu sich. Nachdem sie ein angebliches Schreiben von Poroschenko erhalten hatte, begann sie am Donnerstag wieder zu trinken – doch später stellte sich heraus, dass das Schreiben eine Fälschung war, zwei Komiker behaupteten, es geschrieben zu haben. Sawtschenkos Zustand ist offenbar so schlecht, dass sie keine Flüssigkeit bei sich behalten kann. Ein so genannter trockener Hungerstreik wird innerhalb kurzer Zeit lebensbedrohlich.

Wie bei Julia Timoschenko

Die 34-Jährige hat kein Vertrauen zu den russischen Ärzten, ukrainische Mediziner wurden nicht zu ihr gelassen. Bereits vor einem Jahr hatten deutsche Ärzte Sawtschenko in Russland untersucht. Auch damals war die Pilotin im Hungerstreik. Außenamtssprecher Schäfer wies am Freitag eigens darauf hin, dass der Besuch auf die Initiative seines Ministers zurückging: Frank-Walter Steinmeier habe in den Minsker Verhandlungen den russischen Präsidenten Wladimir Putin darauf angesprochen, ob nicht deutsche Mediziner zu Sawtschenko vorgelassen werden könnten.

Die Diskussion über die Entsendung deutscher Ärzte weckt Erinnerungen an den Fall Julia Timoschenko. Die frühere ukrainische Regierungschefin war während der Amtszeit ihres politischen Widersachers Viktor Janukowitsch inhaftiert und vor Gericht gestellt worden, Spezialisten der Berliner Charité reisten in die Ukraine, um sie zu untersuchen. Das Verhältnis zwischen Berlin und Kiew ist derzeit nicht frei von Irritationen. Nachdem Melnyk das Verhalten Deutschlands im Ukraine-Konflikt als zu russlandfreundlich kritisiert hatte, sah sich Steinmeiers Sprecher am Freitag zu einem ungewöhnlichen Dementi gezwungen: „Es kann keine Rede davon sein, dass Berlin Moskau hofiert.“ Melnyk hatte gewarnt, „versöhnliche Signale aus Berlin“ würden in Russland als Schwäche empfunden.

Steinmeier hat im Ukraine-Konflikt zuletzt beide Seiten wegen mangelnder Fortschritte kritisiert. Angesichts der russischen Intervention im Osten des Landes und der Annexion der Krim sieht sich die Ukraine dadurch ungerecht behandelt.

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