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Politik: Falsch verwendetes Geld künftig streichen?

Im Streit um den Einsatz der Solidarpaktmittel wächst der Druck auf die Ost-Länder / Städtetag beklagt Rückgang der Investitionen

Von Matthias Schlegel

Berlin - In den Streit um die Verwendung der Solidarpaktgelder in den neuen Bundesländern und Berlin haben sich am Dienstag auch die beiden zuständigen Bundesminister eingeschaltet: Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bestätigte, „dass diese Mittel nicht in dem Sinne und zu dem Zwecke ausgegeben werden, wie es eigentlich vorgesehen war“. Und er verband das mit dem Appell an die Ost-Länder: „Gebt diese Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur aus und gebt diese Mittel nicht konsumptiv aus, zum Beispiel für die Bezahlung von Personal!“

Der für den Aufbau Ost zuständige Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) plädierte zwar auch dafür, dass die neuen Länder „nicht aus ihrer Verantwortung entlassen“ werden dürften. Doch er bemühte sich zugleich um Verständnis für deren desolate Haushalte: Eine wesentliche Ursache liege „in der schwierigen konjunkturellen Situation der vergangenen Jahre, die zu mittelfristig stagnierenden Steuereinnahmen, steigenden Soziallasten und damit zu einer erheblichen Verschuldung mit hohen Zinslasten“ geführt habe, sagte er in Berlin. Allerdings seien die laufenden Ausgaben für Personal im Osten zu hoch. In ihrem eigenen Interesse müssten die Neubundesländer „die Ausgaben zu mehr Investitionen umlenken“.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, beklagte, dass „in den ostdeutschen Kommunen die jährlichen Investitionen seit 1992 um fast 60 Prozent zurückgegangen sind, obwohl der Investitionsbedarf nach wie vor hoch ist“. Sie seien vor allem infolge stark gekürzter Investitionszuweisungen der neuen Länder inzwischen von 9,55 auf unter vier Milliarden Euro gesunken, sagte er dem Tagesspiegel. Er appelliere deshalb an die Regierungen der ostdeutschen Flächenländer, die Mittel aus dem Solidarpakt für den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur einzusetzen. „Die Zweckentfremdung eines großen Teils der Solidarpaktmittel ist weder für die Städte in den neuen noch für die Städte in den alten Ländern hinnehmbar“ sagte Articus. Die Mittel aus dem Solidarpakt II, die von den westdeutschen Kommunen in hohem Maß mitfinanziert würden, müssten „den Solidarpaktzielen entsprechend unbedingt dafür verwendet werden, die deutlich geringere Steuerkraft der ostdeutschen Städte auszugleichen und ihre Investitionsfähigkeit zu stärken“.

Schwere Geschütze fuhren die ostdeutschen Grünen-Landeschefs auf. Hier offenbare sich „eine verantwortungslose Finanzpolitik“, bescheinigten sie den Ost- Landesregierungen – in denen die Grünen nirgends vertreten sind. Die „milliardenschweren Fehlverwendungen“ müssten „vehement sanktioniert“ werden. Und der Steuerzahlerbund forderte gar, nicht zweckgerichtet verwendete Solidarpaktmittel künftig gleich ganz zu streichen.

Der für den Aufbau Ost zuständige Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Ulrich Kasparick, vermutete indes, „offensichtlich interessierte Kreise aus den alten Bundesländern“ hätten diese Debatte begonnen, „die dem Osten schaden soll“. Gleichwohl ist nach Auffassung des aus Sachsen-Anhalt stammenden SPD-Politikers „manche Kritik berechtigt“.

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