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Kind und Arbeit - geht das zusammen? Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig will Familien helfen, beides unter einen Hut zu bekommen.

© dpa

Familie und Arbeit: Einmal Teilzeit, immer Teilzeit

Eine neue Studie zeigt, warum junge Mütter im Beruf zurückstecken. Familienministerin Manuela Schwesig attackiert bei der Vorstellung konservative Familienbilder.

Von Hans Monath

Viele Familien in Deutschland würden Job und Familienarbeit der Eltern gerne gerechter zwischen den Geschlechtern aufteilen, scheitern aber mit diesem Wunsch an der Realität. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) und Renate Köcher vom Allensbach Institut für Demoskopie am Dienstag in Berlin vorstellten. Danach würde fast die Hälfte der Eltern gerne den Müttern mehr Berufsarbeit ermöglichen und die Arbeitszeit der Väter zugunsten der Familienarbeit beschränken. Tatsächlich können nur ein Drittel der Paare den Wunsch auch verwirklichen.

Die Umfrage untersuchte, wie Paare mit kleinen Kindern über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf denken und welches Modell sie dann tatsächlich leben. Die Entscheidungen der Paare im Zusammenhang mit der Geburt des ersten Kindes würden vor allem das weitere Leben der Frauen langfristig verändern, sagte Institutsleiterin Köcher: "Die meisten stecken nicht nur kurzfristig, sondern für viele Jahre, oft für immer, beruflich zurück." Dies habe dann "gravierende Auswirkungen "auf die beruflichen Chancen und die Rentenansprüche der Mütter.

Hohe Einkommensverluste

Einen großen Einfluss auf die Entscheidung über die Verteilung schreiben die Befragten den Betreuungsmöglichkeiten und den unterschiedlichen Einkommen zu. Ein Drittel der Eltern gab an, sie hätte sich bei einem anderen Verhältnis der Einkommen von Vater und Mutter für eine andere Aufgabenteilung entschieden. Tatsächlich behält meist der Vater den Vollzeitjob, Mütter arbeiten nur noch Teilzeit. Väter, die eigentlich gerne Elternzeit nehmen wollen, fürchten demnach zu hohe Einkommensverluste (60 Prozent) oder berufliche Nachteile (38 Prozent). Das geltende Steuerrecht mit dem Ehegattensplitting setze für die Frauen, die in der Regel weniger als Männer verdienen, "ganz starke Anreize, auf Berufstätigkeit zu verzichten", kritisierte Köcher.

Väter, die eigentlich gerne Elternzeit nehmen wollen, fürchten demnach zu hohe Einkommensverluste (60 Prozent) oder berufliche Nachteile (38 Prozent). Das geltende Steuerrecht mit dem Ehegattensplitting setze für die Frauen, die in der Regel weniger als Männer verdienen, "ganz starke Anreize, auf Berufstätigkeit zu verzichten", kritisierte Köcher.

Die Familienministerin betonte, die Studie zeige, dass "die Schere auseinander geht" zwischen der Wirklichkeit auf der einen Seite, dem Wunsch, Beruf und Familie zu vereinbaren, auf der anderen. Die Eltern erwarteten zu Recht von Politik und Wirtschaft Unterstützung. "Ich halte es für einen Fehler unserer Arbeitswelt, dass die Entscheidung der Mütter für Teilzeit eine Dauerentscheidung ist", sagte Schwesig. Dies benachteilige Frauen gegenüber den Männern beim Lebenseinkommen und bei der Rente.

Riesige Unterschiede zwischen West und Ost

Die SPD-Politikerin wertete die Studie als Bestätigung für ihren Plan einer Familienarbeitszeit, die nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages ist. Danach können junge Eltern ihre Stundenzahl reduzieren und erhalten einen Teil der Einkommenseinbußen vom Staat erstattet. Schwesig versicherte, die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie stehe in ihrer politischen Agenda ganz oben. Auch die Ministerin sprach sich für eine Reform des Steuerrechts aus. Wegen des Widerstandes der Union sehe sie aber keine Möglichkeit, dieses Ziel in der großen Koalition zu verwirklichen. Momentan prüfe eine Arbeitsgruppe der SPD Modelle, die das Ehegattensplitting ersetzen könnten. Bislang gebe es aber noch "keine überzeugende Alternative".

Als bemerkenswert bezeichnete es Instituts-Chefin Köcher, dass die Umfrage 25 Jahre nach der deutschen Einheit noch große Unterschiede zwischen Ost und West ergab – sowohl bei den Leitbildern als auch in der Familienpraxis. Im Osten arbeitet demnach ein Drittel der Paare nach der Geburt des ersten Kindes weiter in Vollzeit, im Westen nur 11 Prozent.

Im Osten liegt die Durschnittswochenarbeitszeit von Müttern bei 31, im Westen nur bei 23 Stunden. Der Osten sei damit vergleichbar mit westeuropäischen Ländern wie Frankreich und Schweden, während die alten Bundesländer im internationalen Vergleich "eine Sonderstellung" einnehmen würden, sagte Köcher. Allerdings habe sich auch im Westen, wo einstmals berufstätige Mütter als "Rabenmütter" galten, in der Einstellung und Praxis von Eltern in den vergangenen Jahren "eine Menge verändert".

Im Zusammenhang mit den Leitbildern kritisierte die Familienministerin CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer scharf. "Es geht nicht, dass manche Politiker dieses Bild der Rabenmutter weiterpflegen", sagte sie. Es sei "unverschämt", einer Nachtpflegerin ein schlechtes Gewissen einzureden, nur weil sie Randzeiten beim Betreuungsangebot nutze. Schwesig hatte am Wochenende ein Förderprogramm für 24-Stunden-Kitas vorgestellt. Scheuer hatte daraufhin erklärt: "Staatlich verordnete 24-Stunden-Kitas – da schütteln alle mit dem Kopf."

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