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Familien heute: Was ist ein guter Vater?

Die neuen Papas gehen in Elternzeit, zeigen mehr Gefühl und sind viel öfter zu Hause als früher. Die Frage ist, ob das stimmt. Eine Spurensuche bei Männern, Forschern, Philosophen und in Statistiken.

Ein Freund, den ich fragte, ob er ein guter Vater sei, antwortete: „Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, was ein guter Vater ist.“ Niemand zeige einem, wie Vatersein gehe. Ein Kollege erzählte, dass er viel mit seinem Kind spiele, aber ihm fiel auf: „Manchmal denke ich, ich spiele zu viel und bringe dem Kind zu wenig bei.“

Viele Männer, mit denen ich für diesen Artikel sprach und die anonym bleiben wollten, wussten eher zu sagen, wann sie schlechte oder überforderte Väter sind. Einer fühlte sich überfordert, „die richtige Balance zwischen Kumpel und Autorität zu finden, die Balance zwischen Ja und Nein“. Ein anderer Freund berichtete von seiner Einsamkeit während der Elternzeit. Da sei einfach niemand zum Reden gewesen. Er schob stundenlang den Kinderwagen, das Baby, sieben Monate, habe vor allem geschrieen. Der Mann, der im Beruf große Verantwortung trägt, fühlte sich oft „unsichtbar“, ihm fehlten „Anerkennung und Selbstbewusstsein“. Erst als er wieder arbeitete, empfand er sich als Mann und Vater „komplett trotz Doppelbelastung“.

Die Frage, was ein guter Vater ist und wie man ein guter Vater wird, ist zunächst eine private, intime Angelegenheit. Andererseits ist das Private heutzutage, wenn man sich die vielen Ratgeber für Familien oder die zahlreichen Veröffentlichungen über private Probleme anschaut, öffentlicher als je zuvor. Zumindest wird das Private, ob auf Facebook oder in Fernseh-Talkshows, gern öffentlich „behandelt“. Tatsächlich ist die Frage nach dem guten Vater aber eine zentral politische. Sie ist Teil notwendiger gesellschaftspolitischer Debatten: etwa über das Rollenverhältnis von Mann und Frau, Gleichberechtigung im Beruf oder Vereinbarkeit von Arbeit und Familie.

Nicht zuletzt geht es auch darum, am Vatersein ablesen zu können, wie viel Empathie eine Gesellschaft für Kinder braucht und wie viel schlechtes Gewissen und Mutlosigkeit sie verträgt.

Wenn man den guten Vater in der deutschen Gesellschaft sucht, braucht man nicht so genau in die Geschichte zu schauen. Dort wird man selten fündig. Stattdessen gibt es viele Kindergenerationen, die unter ihren Vätern gelitten haben oder die den Vater kaum kannten, weil er abwesend war, ja oft abwesend sein musste. Der Philosoph und Kulturwissenschaftler Dieter Thomä, den wir hier als eine Art Vaterflüsterer noch kennenlernen werden, berichtet in seinem Buch „Vaterlosigkeit“ über diese Männer und die Theorien zahlreicher Philosophen von der „vaterlosen Gesellschaft“.

Friedrich Schiller lässt Karl, einen der Söhne in „Die Räuber“, sagen: „Ich habe keinen Vater mehr, ich habe keine Liebe mehr, und Blut und Tod soll mich vergessen lehren, dass mir jemals etwas teuer war.“ Friedrich Hebbel, selbst eine tragische Vaterfigur, schreibt vom „halben Vater“. Joseph Roth spricht vom Vater als „fremdem König“, einem Herrscher, der sich zu Hause nicht auskannte. Auch Franz Kafka oder Bernward Vesper rechnen in „Brief an den Vater“ und „Die Reise“ mit den Vätern ab. Vesper wirft dem Vater, dem alten Nazi, vor, dass er „unsere Kindheit zerstört, unser Gehirn verwüstet, unseren Charakter geschwächt, unsere Vernunft und Kritik erstickt … und zu diesem Zweck die heiligen Gefühle, die Kinder … haben …, missbraucht hat“.

Rio Reiser sang krachend: „Ich will nicht werden, was mein Alter ist. Nee!“

Statistiken belegen: Väter verbringen nicht mehr Zeit mit ihren Kindern als früher. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Lesen Sie weiter auf Seite 2.

Die Liste der meist abwesenden und autoritären Väter lässt sich fortsetzen über beide Weltkriege hinweg bis hinein in die Gegenwart. Da liegt es nahe, den „guten“ Vater, der sich um seine Kinder kümmert, heute an seiner angeblich gesteigerten Anwesenheit zu messen.

Seriöse Studien zum Zeitmanagement von Familien und Vätern sind selten. Eine Quelle ist das jährliche Sozioökonomische Panel und die bisher letzte Zeitbudgetstudie des Statistischen Bundesamts von 2002. Schaut man sich die Zahlen von 1984 bis ins Jahr 2005 an, verbringen Väter wochentags im Durchschnitt zwischen 2,0 und 2,9 Stunden mit ihren Kindern. Über die Jahre gibt es ein geringes Auf und Ab, aber keine kontinuierliche Steigerung. Nur am Wochenende sind die Stundenzahlen minimal hoch gegangen.

Die Familienforscherin Daniela Grunow kommt deshalb zu dem Schluss: „Ein Entwicklungstrend hin zu einer Erweiterung des zeitlichen Umfangs für die Kinderbetreuung an Werktagen ist nicht erkennbar.“ Nüchtern fügt sie in ihrem Aufsatz „Wandel der Geschlechterrollen und Väterhandeln im Alltag“ an: „Weitere Berechnungen bestätigen diesen Befund eines ausbleibenden Entwicklungstrends auf der Handlungsebene.“

Hat Ulrich Beck demnach noch immer recht mit dem folgenden Satz, den er 1986 in seinem Buch „Risikogesellschaft“ schrieb? „Die Männer haben eine Rhetorik der Gleichheit eingeübt, ohne ihren Worten Taten folgen zu lassen.“

Es ist jetzt wirklich an der Zeit, dass jemand eine Lanze für den Vater bricht. Oder sollte das ganze Gerede über die „neuen Papis“ ein Märchen sein?

Eberhard Schäfer seufzt. Er kennt diese Zahlen, aber diese Zahlen, die Statistik-Kolonnen, seien nur die halbe Wahrheit. Schäfer sitzt an einem Dienstag alleine im Berliner Väterzentrum, dessen Leiter, ja Erfinder er ist. Eigentlich ist an diesem Tag traditionell „Papa-Café“, aber heute ist niemand gekommen, vielleicht weil die Ferien gerade erst zu Ende gegangen sind. Schäfer ist ein bekennender, ja beseelter „neuer Vater“, er betont seinen Glaubenssatz: „Ich sehe einen epochalen Wandel bei den Einstellungen von Vätern. Der Wandel liegt darin, dass Väter eine fürsorgliche Vaterschaft als Selbstbild verinnerlicht haben.“ Diese Ansicht von Vaterschaft, also mehr Gefühl, Emotionalität und Fürsorge, sagt Schäfer, gelte nicht mehr als „unmännlich“. Hierin liege die eigentliche Revolution.

Schäfer sieht diese Väter auf dem Boden krabbeln, die Kinder wickeln, den Kinderwagen schieben. Er sieht sie mit dem Kind schmusen und kuscheln, er sieht vor allem das Kind im Mann. Er sucht weitere Argumente für die Revolution, er sagt: Mehr als 90 Prozent der werdenden Väter seien heutzutage im Kreißsaal dabei. Und dann landet Schäfer bald beim Elterngeld. Er hält es für ein gelungenes Instrument der Politik, weil es Männern die Möglichkeit gebe, überhaupt auf die Idee zu kommen, andere Prioritäten zu setzen.

Trotzdem wird Schäfer manchmal wütend. Denn er ist sich auch sicher: „Viele Männer kommen gar nicht auf die Idee zu sagen, ich nehme Elternzeit. Viele Männer sind so defensiv, sie versuchen nichts und sagen: Bei mir auf der Arbeit geht das sowieso nicht.“

Das, was Schäfer beobachtet, schlägt sich in der Statistik nieder. Vier von fünf Männern fragen in ihren Unternehmen gar nicht erst nach Elternzeit. Laut Statistischem Bundesamt waren von den Männern, die 2010 ihre Elternzeit beendet haben, rund 75 Prozent nur bis zu zwei Monate zu Hause. Im öffentlichen Diskurs heißt es oft, die Zahl der erwerbstätigen Mütter und Väter gleiche sich langsam an. Aber das ist falsch. Tatsächlich ist die Quote der Vollzeit arbeitenden Mütter in den vergangenen zwölf Jahren auf 29 Prozent gesunken. Nur die Teilzeitquote arbeitender Mütter ist gestiegen. Bei den Männern ist die Zahl der Vollzeiterwerbstätigen seit 1996 so gut wie gleich geblieben: 95 bis 98 Prozent. In Teilzeit arbeitende Väter sind marginal.

Die Wahrheit hinter diesen Zahlen muss deshalb lauten: Das klassische Rollenmodell, der Mann als Ernährer, die Frau zu Hause oder in Teilzeit, ist in den vergangenen zwölf Jahren zementiert worden. Bei den in Teilzeit arbeitenden Müttern handelt es sich vor allem um Frauen über 50 Jahre. Sie treiben die Quote in den vergangenen Jahren hoch. Und zwar, haben Pfahl und ihre Kollegen herausgefunden, weil sie sich nach der jahrelangen Kinderbetreuung um ihre eigene Rente kümmern müssen.

Aber kommen wir doch noch einmal auf die Sache mit der Zeit zurück – auf die Männer-Klagen: Zu wenig Zeit für die Kinder! Auch den Vätern fehlen ja ihre Kinder. Vermissen, schlechtes Gewissen, Ratlosigkeit, das ist oft der Befund bei Männern, die glauben, zu selten für die Kinder da sein zu können. Werden Väter dann in Studien gefragt, wofür sie zu viel Zeit aufwenden, lautet die Antwort: Arbeit und Beruf. Werden Väter gefragt, wofür sie zu wenig Zeit haben, heißt die Antwort sehr oft: „Kinder“. Dennoch belegt diese Antwort in Umfragen nur den dritten Platz. Auf den zweiten Rang schafft es die Antwort: „Partner/Ehefrau“. Unangefochten auf Platz eins, die häufigste Antwort, steht: „Persönliche Freizeit“. Männer vermissen am meisten die eigenen Freiräume. Frauen wiederum verzichten, wenn sie zu wenig Zeit haben, als Erstes auf die persönliche Freizeit – zugunsten der Kinderbetreuung.

Lange Zeit hat die Forschung nicht nur das „schlechte Gewissen“ von Vätern, sondern auch den Kinderwunsch von Männern ignoriert, die jüngsten, spärlichen Ergebnisse weisen allerdings auch nicht auf einen „neuen Vater“ hin. Bei Männern ist der Kinderwunsch laut der internationalen Studie „Population Policy Acceptance“ und einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rückläufig. Der Familienforscher Harald Rost schreibt: „Freiwillige Kinderlosigkeit scheint als dauerhafte Lebensform an Attraktivität zu gewinnen. Insbesondere der hohe Prozentsatz von Männern, die dieses Modell wählen, ist bemerkenswert.“

Alle diese Fakten kennt auch Eberhard Schäfer vom Berliner Väterzentrum, deshalb lautet seine vorläufige Bilanz im Kampf für den neuen Vater: „Wer sich für eine neue Vätergeneration einsetzt und mit den Realitäten konfrontiert wird, schwankt oft zwischen Optimismus und Skepsis, zwischen Don Quichotte und Robin Hood.“

Der Wandel ist im Kopf vollzogen - nur noch nicht in der Realität. Lesen Sie mehr zu dieser These auf Seite 3.

Einige Kilometer weiter südlich vom Prenzlauer Berg entfernt, im fünften Stock eines Neuköllner Hinterhofes, sitzen Svenja Pfahl und Stefan Reuyß. Die Wissenschaftler forschen seit Jahren zum Thema Familie und Beruf, sie haben ihren Optimismus nicht verloren. In ihrem Institut „Sowitra“ entstand die erste Studie zur Elternzeit. Wie Schäfer sind sie vom Instrument Elternzeit als Katalysator für „gute Väter“ überzeugt.

Svenja Pfahl sagt: „Man muss doch den Zeitraum sehen. 20 Jahre lang ist nichts passiert, und jetzt ist in wenigen Jahren sehr viel in Bewegung gekommen.“ Stefan Reuyß hat in Interviews mit Männern die Erkenntnis gewonnen, dass viele Väter nach nur zwei Monaten Elternzeit sagen: „Aber beim nächsten Kind gehe ich länger, und ich traue mir das jetzt auch eher zu.“ Beide Soziologen haben bei den Männern „eine hohe Gleichstellungsorientierung“ ausgemacht. „Dieser Wandel in den Köpfen und auch im Verhalten ist nicht mehr umkehrbar“, glaubt Pfahl.

Allerdings sind es auch die „Verhältnisse“, die diese Angleichung unter oft prekären Bedingungen befördern. So gibt es eine neue, noch nicht veröffentlichte Studie über Frauen als Haupternährerinnen, an der auch Svenja Pfahl mitgewirkt hat. Die Ergebnisse sind erstaunlich. Zwar steigt die Zahl von Ernährerinnen an, aber erstens ist ein sehr großer Teil von ihnen alleinerziehend und zweitens geraten die Frauen oft in diese Rolle, weil der Mann arbeitslos geworden ist oder in seinem Job zu wenig verdient. Diese Frauen verdienen weniger als der Mann zuvor.

Im Durchschnitt verdienten Frauen 2009 in Deutschland 23 Prozent weniger als Männer, bei Freiberuflern und bei technischen Dienstleistungen waren es sogar 34 Prozent weniger.

Interessant ist, dass die Männer, die zu Hause bleiben (müssen), sich nicht häufiger um Haushalt und Kinder kümmern, so dass die „Ernährerinnen“ zusätzlich im Haushalt und in der Kinderbetreuung gefordert sind. „Diese Frauen gehören zu der Gruppe mit der schlechtesten Gesundheit“, sagt Pfahl.

Ist die Chance auf „gute Vaterschaft“ oder „fürsorgliche Vaterschaft“, wie es die Sowitra-Leute oder Eberhard Schäfer sagen, allein abhängig von den ökonomischen Verhältnissen? Ist es so, wie Ulrich Beck 1986 schrieb: „Das Bewusstsein ist den Verhältnissen vorweggeeilt“?

Trost und Hoffnung sind – zum Glück – in Becks Formulierung eingebaut. Was vorwegeilt, ist noch einholbar!

Statistiker und Familienforscher sind sich ja einig darin, dass der „moderne“ Vater familienorientierter denkt. Das sagen jedenfalls drei von vier Vätern. Aber noch klemmt der neue Vater wohl fest zwischen Selbstabschaffung und Selbstüberschätzung, zwischen Doppelbelastung und Doppelerfüllung. Er muss sich selbst befreien. Und wie das gehen könnte, erklärt Dieter Thomä.

Lesen Sie weiter auf Seite 4.

Anruf beim eingangs erwähnten Philosophen. Thomäs Bücher und Veröffentlichungen machen ihn zum Vordenker der modernen, ja fürsorglichen Vaterschaft. Er tritt offensiv ein für einen Vater, der sich wieder dazu bekennt, Vorbild zu sein. Man muss dazu wissen, dass Thomä eine mutige These aufgestellt hat. Aus seiner Sicht endete die „alte“, patriarchalische, autoritäre Vaterschaft mit der Französischen Revolution und der Proklamation der Brüderlichkeit. Damals wurde nicht nur der König vom Thron gestoßen, sondern gleichfalls der Vater als alleiniges Oberhaupt der Familie grundlegend infrage gestellt. Thomä sagt nicht, dass er das alte Modell wieder installieren will. Er macht darauf aufmerksam, dass es seitdem keine neue, positive Identität von Vaterschaft gegeben habe.

Stattdessen begann während des 19. Jahrhunderts der lange Marsch der Väter weg vom Zentrum an die Ränder des häuslichen Lebens. Der Vater trat das Exil in der Berufswelt an. Er wurde zum Zaungast der Familie.

Jetzt sieht Thomä die Zeit gekommen, „endlich rauskommen zu können“ aus dieser über hunderte Jahre dauernden Krise und Verunsicherung des Vaters. Hierin besteht seiner Ansicht nach die historische Chance. Einige Wissenschaftler wie die Geschlechterforscherin Andrea Maihofer postulieren schon eine „neue hegemoniale Norm“, die der fürsorgliche Vater erringen könnte. Thomä, selbst Vater zweier Kinder, hat ähnlich wie Schäfer „Bewegung in den Köpfen“ ausgemacht. Er sieht die „Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit“, weigert sich aber standhaft, das Glas als halb leer zu betrachten. Also: Nicht die Verhältnisse sind schuld!

„Das Gejammer über die Doppelbelastung schneidet uns doch nur von unseren Glücksquellen ab“, sagt er. Diese Glücksquellen sind Kinder und Beruf. Ähnlich hatte das ein Freund, Vater dreier Jungs, bei meiner kleinen Umfrage formuliert: „Überfordert fühle ich mich eigentlich nie. Wenn es solche Anflüge gibt, sage ich mir, welches Glück ich als Vater habe, und wie viele andere Männer dieses Glück nicht haben. Das muss über allen Mühen stehen.“

Thomä plädiert in seinen vielen Aufsätzen und Interviews für Geduld und Mut in der Gesellschaft, weil wir sonst das Gefühl für ein sich „langsam rundendes Leben“, also für notwendige Veränderung, verlieren. Alles müsse immer gleich, schnell und erfolgreich geschehen. Der Philosoph hält dagegen das Generationenspiel, das Vorankommen der Geschlechtergleichheit, für eine „Millimeterarbeit“. Wir sollten doch bitte schön nicht so tun, „als ob Familie exotisch“ sei, ruft er zum Abschied ins Telefon. Soll heißen: Männer, so schwer ist es ja nun auch nicht!

Thomä scheut sich nicht, Ratschläge zu geben. Zwei seiner Kernbegriffe für den Vater lauten „Lebenshelfer“ und „Meister der Kniebeuge“. Er will damit ausdrücken, dass der Vater nicht von oben herab belehren soll. Er möge sich besser auf Augenhöhe begeben, was nicht heißt, Kumpel oder Freund zu werden. Den Vater als Freund lehnt Thomä radikal ab. Sein Ideal ist die Balance zwischen Entschiedenheit und Zärtlichkeit, zwischen Stärke und Hingabe. Er sagt: Wenn ein Vater sich aus seiner emotionalen Falle befreien wolle, „darf er sich befugt fühlen, dem Kind seine eigene Lebensanschauung nahe zu bringen“.

Mit Thomäs Hilfe fällt es schon leichter, sich selbst dieser scheinbar großen, ja für viele belastenden Frage nach dem guten Vater zu nähern. Jeder, der nachdenkt, kann auf einen wichtigen Teil der Antwort kommen: Ein guter Vater ist einer, der sich immer wieder fragt, ob er ein guter Vater ist; der sich bewähren will, der bewusst, mit Liebe, Anteil nimmt am Leben seiner Kinder, jenseits von Zeitbudgetkonten.

Mit solchen weichen Waffen ausgestattet, Verstand, Verlässlichkeit, Wärme, wird es dem Vater gelingen, Vorbild zu sein. Thomä fordert dieses Vorbildsein geradezu ein. Er sagt aber auch: „Will man Vorbild sein, muss man auch ein Bild von sich haben.“ Als Mann. Der Vater muss sich im Spiegel anschauen können und sich nicht dauernd fragen, welches jetzt das richtige Rollenverständnis wäre in Beruf und Familie. „Wer ständig mit sich hadert, ob er nun ein harter Kämpfer oder ein Weichei sein muss, hat auch Mühe, Vorbild zu sein.“

Am Ende reduziert sich die Frage nach dem guten Vater aufs Wollen. Der ganze gesellschaftliche Popanz, der neuerdings um die Frage gemacht wird, die vielen Väter- und Familien-Ratgeber, die laut Auswertungen des Deutschen Buchhandels einen wichtigen Anteil am Gesamterlös ausmachen, könnte man sich sparen: Wenn man eine Frage beantwortete. Sie lautet: Will ich mein Leben im Griff haben oder nicht? Wenn man sein Leben im Griff haben wolle, sagt Thomä, dann dürfe man keine Kinder bekommen.

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