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Politik: „Familien statt Firmen helfen“

DGB-Vize Ingrid Sehrbrock über Kinderbetreuung

Frau Sehrbrock, brauchen wir wirklich eine halbe Million mehr Krippenplätze bis 2013?

Unbedingt. Die Gewerkschaften wollen schon lange deutlich mehr Kinderbetreuungsplätze; das ist eine wichtige Aufgabe der Politik. Wir brauchen dringend mehr Angebote für die Eltern von unter Dreijährigen. Es geht uns darum, dass Eltern Beruf und Familie besser vereinbaren können. Wir halten das aber auch unter pädagogischen Gesichtspunkten für sehr wichtig. Pisa und andere Studien haben gezeigt, dass Deutschland bei der Bildung schlechter abschneidet als vergleichbare Länder. Da spielt die frühkindliche Förderung eine wichtige Rolle. Unser Ziel ist es auch, durch gute Betreuung und bessere pädagogische Förderung künftig die Chancengleichheit für Kinder in Deutschland zu erhöhen.

Es geht Ihnen nicht nur um die Zahl, sondern auch um die Art der Angebote?

Über die Qualität von Kinderbetreuung wird zu wenig geredet. Es geht auch um die Größe von Gruppen und die Ausbildung von Tagesmüttern und Erzieherinnen. In anderen europäischen Ländern werden Erzieherinnen besser qualifiziert als in Deutschland, sie müssen in der Regel eine Fachhochschulausbildung durchlaufen. Wir sollten uns das ansehen und überprüfen, ob wir im europäischen Vergleich noch auf dem aktuellen Stand sind.

Die Bundesfamilienministerin sagt, der Ausbau koste 2,3 Milliarden Euro. Kommt man nach Ihren Berechnungen damit hin?

Vermutlich wird es sogar teurer. Ohne Steuerfinanzierung der zusätzlichen Krippenplätze geht es nicht. Wir wollen auf keinen Fall, dass die Familien dieses Angebot selber durch Kürzungen der Familienleistungen finanzieren. Die Familien müssen gestärkt, nicht bestraft werden. Die CDU hat noch kein eigenes Finanzierungskonzept, sondern wartet die Überprüfung der Familienleistungen ab und will dann entscheiden, ob sie neue Schwerpunkte setzen will. Die SPD will auf die Erhöhung des Kindergeldes verzichten. Das halte ich für falsch.

Woher soll das Geld für den Ausbau der Krippen auf die dreifache Zahl der gegenwärtigen Plätze kommen?

Im Rahmen der Unternehmensteuerreform will die Bundesregierung die Wirtschaft um mehrere Milliarden entlasten. Eine Nettoentlastung darf es nicht geben. Im Interesse der Familien in Deutschland wäre dieses Geld weitaus besser angelegt, wenn wir damit den Krippenausbau finanzieren würden.

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