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Politik: Familienzwist

Vater Bush sät Zweifel am Erfolg der Republikaner bei den Kongresswahlen in zwei Wochen

Bringt der Wahlkampf den Zwist zwischen Vater und Sohn an den Tag? Halb Washington hält es für ein offenes Geheimnis, dass Vater Bush, Präsident von 1988 bis 1992, wenig von der Politik seines Sohnes hält, der das Weiße Haus 2000 als Präsident eroberte. Nur reden die beiden nicht öffentlich übereinander. Aber jetzt gibt es endlich ein handfestes Zitat – kein kolportiertes, wie in Bob Woodwards jüngstem Buch, wo der Alte sagt, die Irakpolitik des Juniors bereite ihm schlaflose Nächte. Natürlich hat der Senior das umgehend dementiert.

Vor laufenden Kameras hat George Walker Bush jetzt seinen Vater George Herbert Walker Bush zurechtgewiesen: „Er sollte nicht so herumspekulieren. Er hätte mich vorher anrufen sollen. Dann hätte ich ihm gesagt, dass wir gewinnen.“ Gewiss doch, das sollte scherzhaft klingen. Aber die Medien verspotten den amtierenden Präsidenten, den „Commander in chief“ in Kriegszeiten, schon als „optimist in chief“: als letzten Aufrechten, der angeblich noch an einen Erfolg seiner Republikaner bei der Kongresswahl in zwei Wochen glaubt. Da kommen ihm Zweifel des Vaters gar nicht zupass.

Die Umfragen sprechen immer deutlicher für die Demokraten. Die Mehrheit im Abgeordnetenhaus können sie ziemlich sicher kippen; jetzt gilt das auch für die zweite Kammer, den Senat. „Ich hasse es, mir vorzustellen, wie das Leben meines Sohnes dann aussieht“ – so hatte der 82-jährige Senior kürzlich bei einem Fundraising in Philadelphia die Freunde der Republikaner zu Spenden aufgerufen. Es wäre „schrecklich für unser Land, wenn die wilden Typen der Demokraten die Kongressausschüsse kontrollieren“.

Nach der jüngsten Umfrage der „Washington Post“ wollen 59 Prozent für die Demokraten und nur noch 31 Prozent für die Republikaner stimmen. Natürlich, das lässt sich nicht direkt ins Wahlergebnis umsetzen. Denn der Zuschnitt der Wahlkreise, an dem beide Parteien im Sinne ihrer Machtinteressen herumbasteln, hat zur Folge, dass die Mehrzahl der 435 Abgeordneten- und 100 Senatssitze entweder fest in republikanischer oder fest in demokratischer Hand ist. Ein professioneller Beobachter hat die Stimmung 2006 jüngst mit dem Hurrikan „Katrina“ verglichen: Die Deiche der Wahlkreiseinteilung halten einem politischen Wirbelsturm der Stärke drei Stand. „Aber jetzt droht Bush und den Republikaner ein Hurrikan der Stärke fünf.“

Mindestens 15 zusätzliche Sitze müssen die Demokraten im Abgeordnetenhaus erobern. Das scheint gut möglich, wenn nicht wieder eine „October surprise“, eine unerwartete Wende, Bush rettet. 2004 hatten die Republikaner ihre Wähler in den letzten 72 Stunden mit Telefonanrufen und Haus-zu-Haus-Kampagnen mobilisiert. Von den 100 Senatoren steht ein Drittel alle zwei Jahre zur Wahl. Dort brauchen die Demokraten sechs Mandate mehr. Die können sie nach neuesten Erhebungen in Pennsylvania, Montana, Ohio, Rhode Island sowie Missouri, Tennessee und Virginia holen.

Die Spekulationen über das Verhältnis von Vater Bush und Sohn Bush können selbst kleine unschuldige Äußerungen weiter nähren: Bei der Feier des Tages der Deutschen Einheit in Washington hatten Helmut Kohl und Bush senior in Erinnerungen geschwelgt. „Krieg war für uns das letzte Mittel“, sagte Bush in seiner Rede über seinen Irakkrieg zur Befreiung Kuwaits – und zuvor habe er sich ein UN-Mandat geholt. Die deutsche Einheit schilderten beide als Ergebnis der engen Abstimmung unter Verbündeten. Das verstanden manche Gäste als Kritik am Sohn.

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