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Politik: FDP: Ehrlich währt am längsten

Bevor sie ihn zum FDP-Chef wählen, will Guido Westerwelle erst mal ein paar Dinge klarstellen. Zum Beispiel, dass die gelben Fähnchen mit dem Aufdruck "18 %" auf den Tischen der Parteitagsdelegierten eine Strategie anzeigen, die kein Selbstzweck sei, sondern Mittel zur Gestaltungsmacht.

Von Robert Birnbaum

Bevor sie ihn zum FDP-Chef wählen, will Guido Westerwelle erst mal ein paar Dinge klarstellen. Zum Beispiel, dass die gelben Fähnchen mit dem Aufdruck "18 %" auf den Tischen der Parteitagsdelegierten eine Strategie anzeigen, die kein Selbstzweck sei, sondern Mittel zur Gestaltungsmacht. "Ich werde mich bemühen, substanzielle Politik zu machen", versichert Westerwelle. Und klarstellen will er vorher auch, dass er gegen jede Koalitionsaussage ist. Da fehlt nur, dass Westerwelle sagt: "Und was ich von Möllemanns Idee mit dem Kanzlerkandidaten halte, das wissen Sie ja auch." Aber diesen Satz sagt er nicht. Es gibt nämlich eine Art stillschweigende Verabredung unter den FDP-Granden, am Freitag das heikle Thema totzuschweigen. Dieser Streit ist beim Düsseldorfer FDP-Parteitag erst an diesem Sonnabend dran.

So kommen die Delegierten in den seltenen Genuss, dass Jürgen W. Möllemann in seinem Grußwort als Lokalmatador zwar sein "Projekt 18" enthusiastisch propagiert, aber das K-Wort nicht in den Mund nimmt. Was ihn nicht daran hindert, vor seiner Wahl zu einem der drei Stellvertreter Westerwelles auch erst mal etwas klarzustellen: Man wisse ja, wofür er stehe - er erbitte daher nur die Stimmen derer, die ihn darin wirklich unterstützten.

Möllemann bekommt etwas, was er ein "ehrliches Ergebnis" nennt: 66 Prozent der Stimmen. "Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit", findet er mit leicht drohendem Unterton, "kann man in der Politik viel machen." Das Ergebnis ist viel schlechter als das von Rainer Brüderle - fast 89 Prozent bekommt der Rheinland-Pfälzer. Aber es ist sehr viel besser als das des dritten FDP-Vizechefs: Walter Döring aus Baden-Württemberg rutscht mit 50,7 Prozent haarscharf am Scheitern vorbei. Döring hatte sich in den letzten Tagen eine Wortschlacht mit Möllemann ("größenwahnsinnig") geliefert, die erst am Donnerstagabend mit einem Versöhnungsgespräch endete.

Die Einsicht, dass die Starken in der FDP nur mit- und nicht gegeneinander Erfolg haben können, ging so weit, dass sie sich dann gegenseitig dem Parteitag zur Wahl vorschlugen. Aber Dörings Beleidigungsorgie erwies sich als fatal. Ein "superehrliches Ergebnis" nannte der bestürzte Döring die Quittung. Die Nordrhein-Westfalen grinsten sich eins - so stand doch ihr Chef noch ganz gut da. Dörings Mannen schworen Rache bei den Vorstandswahlen am nächsten Vormittag.

Westerwelle jedoch konnte danken für ein "wirklich gutes Ergebnis": 89,3 Prozent. Mehr, als sein mit respektvollem Beifall verabschiedeter Vorgänger Wolfgang Gerhardt je erzielt hat. Dass 1985 Martin Bangemann, Kurzzeit-FDP-Chef für drei Jahre, auf exakt die gleiche Prozentzahl kam, muss man ja nicht unbedingt als schlechtes Vorzeichen nehmen.

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