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FDP: Jeder für sich

Westerwelles Wahlkampf gegen Ampel und Union: Die FDP sieht sich schon in der Bundesregierung und fordert damit Grüne, SPD – und Kanzlerin – heraus.

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Berlin - Lager oder nicht Lager – das scheint jetzt die Frage zu sein. Denn mit der Hessen-Wahl hat das Positionieren für den Bundestagswahlkampf endgültig begonnen. Zum Beispiel bei Umweltminister Sigmar Gabriel. Der empfiehlt seiner SPD Aktion: „Die Art und Weise, wie Union und FDP jetzt in Stellung gehen für einen Lagerwahlkampf, hat eine rasche Antwort der Sozialdemokratie verdient“, sagte er der „Hannoverschen Allgemeinen“. Das Credo dahinter: Schwarz-Gelb verhindern.

FDP-Chef Guido Westerwelle liest in das für die Liberalen gute Hessen-Ergebnis einen vorweggenommenen Regierungsauftrag auch im Bund hinein. Er setzt darauf, dass Deutschland vom Herbst an schwarz- gelb regiert wird. Mit SPD und Grünen will er nicht. „An meiner Ablehnung einer Ampelkoalition hat sich nichts geändert“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Dabei geht es nicht um persönliche Gefühle, sondern um den Mangel an inhaltlichen Übereinstimmungen mit SPD und Grünen.“

Den Grünen gefällt das nicht. Parteichefin Claudia Roth warnt: „Hochmut kommt vor dem Fall. Westerwelle macht das, was er schon immer gemacht hat. Er schließt sich mit der CDU/CSU ein, schmeißt den Schlüssel weg und verweigert sich einem politischen Neuanfang“, sagte sie dem Tagesspiegel. Die Grünen würden ihre Chance wahrnehmen, „starke grüne Inhalte zu setzen, Schwarz- Gelb und eine große Koalition mit ihrer bodenlosen Konzeptlosigkeit zu verhindern“. In einem Fünf-Parteien-System müssten die Parteien aufeinander zugehen „statt wie Westerwelle einen ewiggestrigen Lagerwahlkampf“ zu machen. „Die Arroganz der Politik eines Guido Westerwelle ist kein Beitrag zur politischen Kultur in Zeiten großer globaler Krisen“, sagte Roth. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte dem Tagesspiegel: „Westerwelle schadet dem Land, wenn er durch seine Verweigerung den Bürgern erneut die große Koalition zumutet.“

In Liebe erglüht zur Union und ihrer Kanzlerin ist Westerwelle freilich nicht. „Politisch bin ich von der Regierung enttäuscht – also auch von der Regierungschefin“, sagt er und sucht Gewinn daraus zu ziehen, dass Angela Merkel in der großen Koalition eine Kompromisspolitik macht, die einen Teil der CDU-Anhänger vergrault. Westerwelle macht also Wahlkampf in zwei Richtungen, gegen eine Ampel, aber auch gegen den bevorzugten Partner. Auf dass die FDP so stark wie möglich werde. Und die Zeiten, da die FDP Leihstimmen aus der Union brauchte, sind ja möglicherweise auch vorbei. Falls es dann am Ende doch zu der von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier angestrebten Ampelkoalition kommt, ist es kein Nachteil, wenn die FDP deutlich stärker ist als die Grünen. Da schaut man bei den kleineren Parteien schon sehr genau hin.

Die Devise lautet damit nicht so sehr Lagerwahlkampf als: Jeder für sich. So wie es zum Beispiel auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers seiner Partei vorschlägt. „Die CDU wird keinen Lagerwahlkampf machen“, sagte er der „Bild“- Zeitung. Und das heißt: Wir bleiben offen für eine große Koalition. Was jene Anhänger beruhigt, die von der Union als Volkspartei eine sozialere Politik erwarten. Allerdings passt die Rüttgers-Aussage nicht so ganz zu der Erklärung von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, der angekündigt hat, man werde die Koalitionsaussage zugunsten der FDP sogar ins Wahlprogramm schreiben. Lager oder nicht Lager – so uneindeutig wird das wohl noch ein Weilchen zu erleben sein. Schließlich haben die Parteien 2005 etwas gelernt: Es könnte ganz anders kommen als gedacht.

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