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FDP-Mitgliederentscheid: Bei der Union bleibt Restzweifel

Ein Scheitern der FDP-Spitze hätte auch die Koalition gefährdet. Trotzdem freuen sich nicht alle bei den Christdemokraten.

Von Robert Birnbaum

Es ist nicht so, dass sie in CDU und CSU ausschließlich sorgenvoll auf die Mitgliederbefragung des Koalitionspartners geschaut haben. Selbst bei eingefleischten Verfechtern eines bürgerlichen Bündnisses schwang in den vergangenen Tagen beim Stichwort FDP ein derart genervter Unterton mit, dass man leicht merken konnte: Gefahr für die Koalition hin, Bedrohung der Regierung her – ein glatter Schnitt hätte auch etwas Erlösendes. Zumal in der Union viele glauben, mit einem FDP-Chef Rainer Brüderle könne die Koalition insgesamt in vernünftigere Bahnen gleiten – nicht ohne Streit, aber der wenigstens professionell geführt. Die Gefahr für die Koalition ist vorerst gebannt, die Regierung kann weiter so tun, als wäre nichts. Aber In der Union macht sich niemand Illusionen. Dass Philipp Rösler sich gegen die Euro-Rebellen im eigenen Lager durchgesetzt hat, bedeute keine echte Beruhigung. „Patient in stabiler Seitenlage“, kommentiert ein Unionsmann sarkastisch. Die Einschätzung beruht zum Einen auf dem doch recht hohen Prozentsatz freidemokratischer Basis-Kritiker. „Die 44 Prozent gegen den Euro-Rettungskurs machten den Selbstfindungsprozess der Nach-Westerwelle-FDP nicht leichter“, sagt ein führender Unionspolitiker. Nicht nur ihn plagt still die Sorge, dass Rösler bei hartnäckig miesen Umfragewerten sein Heil in einem milden Anti-Rettungskurs suchen könnte. Ein Kurs, wie sie bei der Union sehr gut wissen, der auch im eigenen Wählerlager verfangen könnte. Und Rösler hat mit seinem Vorpreschen in Sachen Griechen-Insolvenz gezeigt, dass er – ob mit Absicht oder nicht – jenen Tonfall beherrscht, bei dem „Insolvenz“ so klingt wie „Schmeißt sie raus“.

Der zweite Grund für das fortdauernde Unbehagen im Unionslager heißt ebenfalls Rösler. Viele trauen dem Niedersachsen nicht so recht zu, seine schwierige Partei inhaltlich, aber auch personell neu aufzustellen. Der Abgang von Christian Lindner als FDP-Generalsekretär hat deshalb sogar bei Leuten in der Union echtes Bedauern ausgelöst, die sich öffentlich mit ihm gefetzt haben. Auch Angela Merkel hat ihr Bedauern nicht nur pflichtgemäß geäußert. Die CDU-Chefin muss befürchten, dass sie in eineinhalb Jahren im Wahlkampf schlicht ausgelacht wird, wenn sie ihr Regierungsbündnis als Erfolg verkaufen will. Auf den Ruf als Euro-Retterin allein zu setzen, ist angesichts der Unberechenbarkeit der Märkte riskant. Merkel geht es mit den Freien Demokraten wie David Cameron mit der Eurozone: Beide brauchen sich am Ende doch.Mindestens bis zur einzigen Landtagswahl des nächsten Jahres am 6. Mai in Schleswig-Holstein aber, vermuten Unionsstrategen, bleibt die FDP ein unberechenbarer Unruheherd. Von der stabilen Seitenlage führt der nächste Weg bekanntlich erst einmal ins Krankenbett.

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