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FDP-Parteitag: Westerwelle übt sich in Demut

Zwei Wochen vor der NRW-Wahl hat FDP-Chef Westerwelle Fehler in der Koalition eingeräumt: "Ja, es gab Anfangsschwierigkeiten". Mit großer Mehrheit verabschiedet der Parteitag das Steuerkonzept, bekommt dafür aber keinen Rückenwind von Steuerschätzern.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Zwei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat FDP-Chef Guido Westerwelle vor den Delegierten des Parteitages in Köln Fehler in den ersten sechs Regierungsmonaten eingeräumt. „Ja, es gab Anfangsschwierigkeiten“, sagte Westerwelle und dankte den Parteimitgliedern für Geduld und Solidarität. „Wenn man Verantwortung trägt“, sagte Westerwelle am Sonntag, „macht man nicht immer alles richtig.“ Nun allerdings, versicherte er, habe man „Tritt gefasst“. Westerwelle verzichtete auf direkte Vorwürfe gegen den Koalitionspartner CDU/CSU.

Mit großer Mehrheit verabschiedete der Parteitag das Steuerkonzept. Darin heißt es, die FDP will „spätestens ab 2012“ die Einkommenssteuern um insgesamt 16 Milliarden Euro senken und einen Fünfstufentarif einführen. Über Umfang und Zeitpunkt der Steuersenkungen war am Wochenende erneut Streit innerhalb der Koalition ausgebrochen.

Die FDP kann für ihre Steuersenkungspläne offenbar keinen Rückenwind von der Steuerschätzung erwarten. „Im Vergleich zur Prognose von vor einem Jahr fehlen ab 2011 Jahr für Jahr fünf bis neun Milliarden Euro“, sagte der Finanzexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Alfred Boss, dem „Handelsblatt“. Boss ist einer der Finanzexperten, die für das Bundesfinanzministerium vom 4. bis 6. Mai in Lübeck die Steuereinnahmen bis 2014 schätzen. Die Regierung hatte mögliche Sparprogramme und/oder Steuersenkungen von den Ergebnissen der Steuerschätzung abhängig gemacht.

Und die Finanzlage ist prekär: Dieses Jahr werden Bund, Länder und Gemeinden zusammen lediglich 513 bis 515 Milliarden Euro einnehmen, so der Kieler Steuerschätzer. Weniger hatte der Fiskus zuletzt 2006 kassiert, bevor die große Koalition kräftig an der Mehrwertsteuerschraube drehte. Damit käme von der sich abzeichnenden Konjunkturerholung kaum etwas bei den Finanzämtern an; im November hatten die Steuerschätzer 511,5 Milliarden Euro Einnahmen für das laufende Jahr vorhergesagt.

Selbst ohne neue Entlastungen muss der Bund ab 2011 Jahr für Jahr fast zehn Milliarden Euro sparen, um die Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten. Diese erlaubt dem Bund ab 2016 bei normaler Konjunktur nur noch rund zehn Milliarden Euro neue Kredite. Zum Vergleich: Dieses Jahr beträgt das strukturelle Defizit des Bundes 66,6 Milliarden Euro. „Wer die Steuern senken will, muss an anderer Stelle noch mehr sparen“, sagte Finanzexperte Boss dem Handelsblatt.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte am Wochenende umfangreiche und zugleich ausgewogene Sparmaßnahmen an. „Das ist wirklich eine Großaufgabe“, sagte er dem „Focus“. Er zeigte sich überzeugt, „unser Sparprogramm werden die Menschen als fair empfinden“. Unionschef Volker Kauder garantierte, weder die Steuerfreiheit der Schichtzuschläge noch die Pendlerpauschale abzuschaffen.mit HB

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