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Westerwelle

© ddp

FDP-Parteitag: Westerwelle und die linke Verschwörung

Guido Westerwelle bezeichnet die Vorwürfe gegen ihn auf dem NRW-Parteitag der FDP als Inszenierung der Opposition.

Guido Westerwelle verlässt den Ort des Geschehens, wie er ihn betreten hat – durch den Hintereingang. Der Bundesaußenminister zieht den unauffälligen Abgang vor. Besonders zufrieden wirkt er nicht, als er in seine Limousine steigt. Die stehenden Ovationen, die ihm seine liberalen Parteifreunde wenige Minuten zuvor auf dem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen FDP beschert haben, schienen keine bleibende Wirkung zu entfalten.

Vermutlich hat ihm eine kleine Begebenheit nach dem Ende des Parteitages die Laune nachhaltig verdorben. Westerwelle hatte sich, noch aufgekratzt vom tobenden Applaus nach seiner Rede, zu den Parteifreunden vor die Fotowand begeben und mal mit diesem dann mit jenem in die Kameras gelächelt. Wer vor dem Wahlkampf noch ein Bild mit dem Parteichef haben wollte, bekam auf diese Weise seine Chance. Die Organisatoren des Treffens in der Siegener Stadthalle hatten es allerdings versäumt, den Bereich abzusperren, also fanden sich nach wenigen Minuten so viele Fernsehjournalisten dort ein, dass Westerwelle am Ende nicht anders konnte, als die eine oder andere Frage zu beantworten, die er eigentlich nicht beantworten wollte. Natürlich wollten die Kollegen wissen, was er konkret zu den aktuellen Attacken auf ihn sagt. „Diese Vorwürfe sind haltlos“, war alles, was er sich entlocken ließ, und als jemand präzise wissen wollte, ob er noch einmal an der Seite seines Lebensgefährten ein Hotel eröffnen würde, hatte er nur noch Zeit für einen kurzen Satz. „Ich werde auch zukünftig die Chancen unserer Wirtschaft im Ausland unterstützen“, sagte er, bevor er sich brüsk umdrehte und knapp „einen schönen Tag“ wünschte.

Dabei hatte ihm der ganze Saal wenige Minuten zuvor frenetisch zugejubelt. Schon bei der Begrüßung am Morgen hatten ihn die Delegierten mit warmem Beifall empfangen. Gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Parteichef Andreas Pinkwart war er mit kalkulierter Verspätung in die Halle eingezogen, die liberalen Freunde hatten ihm überwiegend stehend applaudiert. Natürlich war ihm vorher davon berichtet worden, dass bisher niemand von der verabredeten Linie abgewichen war; keiner hatte auch nur einen Halbsatz gesagt, den man als Kritik oder vorsichtige Distanzierung von ihm hätte verstehen können. Ganz im Gegenteil, geradezu wütend hatten alle Redner auf die Attacken der Opposition reagiert und die Debatte als unwürdig abqualifiziert. Allenfalls hinter vorgehaltener Hand gibt der eine oder andere zu, dass Westerwelle einiges zu dieser Lage beigetragen hat, aber sofort wird hinzugefügt: „Wer das auch nur in Andeutungen laut sagt, wird einen Kopf kürzer gemacht.“

Über weite Strecken seines Vortrages blieb Westerwelle leiser, als er sich üblicherweise bei solchen Anlässen gibt. Er hatte sich vorgenommen, der Öffentlichkeit nach der Rückkehr seine Sicht der Dinge zu erläutern, und versuchte sich in der Rolle des Staatsmannes, der mal mit dem brasilianischen Präsidenten Lula, dann wieder mit anderen Lenkern über die Zukunft der Welt berät. Ihn treibt dabei vor allem eines an: „Es geht um die Frage, welche Geisteshaltung die Zukunft prägen wird.“ Natürlich steht einer wie Westerwelle für den „Veränderungswillen“, den muss er – auch mit drastischen Worten – gegen jene verteidigen, deren „Beharrungswillen“ die deutsche Gesellschaft blockiert. Einer wie er möchte mittun an gleich mehreren, so formuliert er das wörtlich, „Menschheitsaufgaben“: Er nennt neben der Bildung die Energie- und die Wasserfrage. Und plötzlich ist er dann bei den Vorwürfen gegen ihn, die er allerdings an keiner Stelle präzise benennt oder gar widerlegt. Für ihn ist das alles Teil einer Wahlkampfinszenierung. „Die wollen in Nordrhein-Westfalen eine linke Mehrheit schaffen“, ruft er in den Saal, „das ist es, worum es in Wahrheit geht.“ Auf die konkreten Vorwürfe geht er an keiner Stelle ein.

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