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FDP: „Unglückliche Einzelforderung“

Guido Westerwelle will die Umsatzsteuer bei Energie halbieren – in der FDP findet das wenig Freunde.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Der Bundesparteitag der FDP droht am Wochenende von einem innerparteilichen Streit ausgerechnet um das Kernthema der Liberalen – die Steuerpolitik – dominiert zu werden. Anlass ist die Forderung des Partei- und Fraktionsvorsitzenden Guido Westerwelle, die Mehrwertsteuer für Strom, Gas und Benzin mehr als zu halbieren, um die Verbraucher von hohen Energiekosten zu entlasten. Mehrere Landesverbände – unter anderen auch der Berliner – und namhafte Bundespolitiker wollen sich dieser Forderung des Parteichefs nun am Samstag bei der Abstimmung über einen Dringlichkeitsantrag entgegenstellen. Mit der Einbringung eines Gegenantrages wird gerechnet. Findet Westerwelles Forderung nicht die Mehrheit unter den rund 650 Delegierten in München, käme dies einem direkten Angriff auf die Person des FDP-Chefs gleich, der sich seit Monaten für das populäre Thema einsetzt.

Auf dessen Initiative hatte das Parteipräsidium am vergangenen Montag einen Dringlichkeitsantrag initiiert. Und zwar gegen den ausdrücklichen Rat und die Stimme des langjährigen Finanzexperten der FDP, Hermann-Otto Solms. Auch die Chefin des Landesverbandes Baden- Württemberg, Birgit Homburger, und die bayerische Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stimmten gegen Westerwelles Antrag. Die Subvention der Mehrwertsteuer bei Energie würde rund zwölf Milliarden Euro im Jahr kosten – beinahe so viel wie die Ermäßigung auf Lebensmittel insgesamt. Eine Gegenfinanzierung aus dem System der Verbrauchssteuern wäre damit unmöglich. An welcher Stelle die Milliardenbeträge eingespart werden sollen, hatte Westerwelle bislang offen gelassen. „Der Energiepreis ist der Brotpreis des 21. Jahrhunderts“, hatte der FDP-Chef festgestellt und dem Staat vorgeworfen, durch Öko- und Umsatzsteuer über Gebühr an steigenden Energiekosten zu verdienen. Eine Senkung der Umsatzsteuer wird jedoch nicht nur von der Regierung abgelehnt. Ihre Wirksamkeit wird auch bezweifelt.

Der Wirtschaftsexperte und Stellvertreter Westerwelles an der FDP-Spitze, Rainer Brüderle, widersprach diesem Weg nun offen. „Statt neue Ausnahmeregelungen für einzelne Produkte zu schaffen“, sagte Brüderle dem Tagesspiegel, „wäre eine umfassende Steuersenkung und Steuervereinfachung noch besser.“ Denn in der Tat komme niemand um die hohen Energiepreise herum, litten gerade Menschen mit niedrigem Einkommen unter den massiven Preisanstiegen.

Auch der schleswig-holsteinische FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki will Westerwelle in der Mehrwertsteuerfrage nicht folgen. Steuersenkungen seien zwar nötig, sagte Kubicki, „allerdings nur im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzepts“. Westerwelles Forderungen bezeichnete Kubicki als „unglückliche Einzelforderung“. Schließlich sei die FDP seit Beginn der Legislaturperiode im Bundestag die treibende Kraft bei einer überparteilichen Initiative zur Reform der ermäßigten Mehrwertsteuer und könne daher jetzt nicht eigene neue Subventionen beschließen.

Der Parteitag der FDP will sich am Wochenende außerdem mit einer Vereinfachung des Einkommensteuersystems durch eine Flattax und eine Senkung der Steuerlast befassen. Dazu liegen mehrere Anträge vor. Zudem soll über die Zukunft der Forschung und Bildungsthemen beraten werden.

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