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Guido Westerwelle

© dapd

FDP: Westerwelle stellt sich gegen den Wind

Der FDP-Chef ist in seiner Partei in der Kritik. Beim Treffen mit meuternden Liberalen wendet Guido Westerwelle die Stimmung.

Von Hans Monath

Berlin - Guido Westerwelle schaut starr zum Rednerpult, er beißt die Zähne aufeinander, seine Lippen sind nur noch ein dünner Strich. Was der FDP-Chef sich da vor laufender Kamera von einem Basis- Vertreter anhören muss, ist eine offene Drohung. Der Vizekanzler führe das falsche Ministerium, wettert Michael Böwingloh, FDP-Kreisvorsitzender aus Gütersloh. „Bestenfalls ein Grüßaugust mit einem besonderen Titel“ sei der Außenminister noch. Westerwelle müsse endlich Antwort geben, wie er das Amt mit dem des FDP-Chefs vereinbaren wolle. „Wenn die Landtagswahlen so ausgehen, wie es die Umfragen vermuten lassen“, so ruft der Mann, „wird die Partei Ihnen sonst die Entscheidung abnehmen.“

Es ist aus der Sicht der Parteispitze wohl ein katastrophaler Auftakt, wenn schon der zweite Basis-Redner bei der Konferenz des FDP-Präsidiums mit den liberalen Kreisvorsitzenden am Sonntag in Berlin den Parteichef schnurstracks in die Wüste schicken will. Zwar überzieht der Liberale aus Gütersloh deutlich im Ton, so dass viele im Saal laut murren und widersprechen („Was soll das?“). Doch Böwingloh bleibt in der Aussprache nicht der einzige Vertreter der meist ehrenamtlichen 250 Mandatsträger, der seiner Verzweiflung über die Führung Luft macht und Durchhalteparolen als leeres Geschwätz abtut. „Ihre Realität ist eine andere als meine Realität“, mahnt ein Kreisvertreter. Ihn beschweren nicht einmal mehr Umfragewerte von drei bis fünf Prozent, wie er sagt: „Was mich viel mehr irritiert, sind die zwei Prozent bei der Glaubwürdigkeit.“

Gut zwei Stunden dauert das Treffen zu diesem Zeitpunkt. Nach dem Willen der FDP- Führung soll es eigentlich den Umschwung markieren von der Phase der Selbstbeschäftigung einer über ihren eigenen Absturz erschütterten Partei hin zu neuem Selbstbewusstsein, neuem Stolz über eigene Leistungen und neuer Angriffslust. Die Mahnung, doch endlich wieder zu kämpfen, durchzieht vor Beginn der Aussprache die Reden des Generalsekretärs, der Chefin der Bundestagsfraktion und des Parteivorsitzenden. „Ab heute muss die FDP wieder zurück in die Offensive kommen“, heißt das bei Christian Lindner. „Ab heute werden wir uns mit dem politischen Gegner auseinandersetzen“, verspricht Birgit Homburger. „Es muss eine Partei auch stehen, wenn sie regieren will“, verlangt Westerwelle. Er fügt hinzu: „Und wir stehen.“

Doch das gilt nur für einen Teil der Partei. Den anderen beeindruckt auch die Bilanz der Erfolge nicht, die sich die FDP- Spitze zuschreibt: den Sitz im Sicherheitsrat, Entlastungen für Familien, Haushaltskonsolidierung, mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem und nicht zuletzt Wirtschaftsaufschwung und Boom auf dem Arbeitsmarkt. Nicht jeden überzeugt, dass Lindner und Homburger weiter Druck zugunsten steuerlicher Entlastung versprechen und eine Spardividende von 500 Millionen Euro in Aussicht stellen.

Mit jeder Gegenrede, die Westerwelle hält, wird der Parteichef emotionaler und entschiedener. Nicht seine Person, sondern die FDP-Politik polarisiere, argumentiert er: „Jeder andere, der auf diesem Stuhl Platz nehmen würde, wäre in wenigen Wochen die Zielscheibe der gleichen Angriffe.“ Den Gegenwind müsse die Partei aushalten, verlangt er: Wer Stimmungen nachgebe, verliere jede Achtung. Mit jeder Gegenrede provoziert Westerwelle mehr Beifall. „Nicht in Sack und Asche“, ruft er, „dafür gibt es überhaupt keinen Grund!“

Zumindest in diesem Moment scheint eine Mehrheit im Saal mit dem Parteichef versöhnt. Doch wie stabil ist dieser Rückhalt? Der Generalsekretär warnt gar vor „Selbstekel“. Wenn die Partei nur nach hinten schaue, so Lindner, „dann werden wir draußen niemanden überzeugen“.

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