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Politik: FDP will bei Zuwanderung vermitteln

Fraktionschef Gerhardt für parteiübergreifende Lösung / CDU-Politiker Vogel: Debatte erst nach den Wahlen führen

Von Matthias Meisner

Berlin. Die FDP hat einen Vorstoß angekündigt, um einen Konsens über die Zuwanderung zu erreichen. „Ich werde in der ersten Sitzungswoche im neuen Jahr die Fraktionsvorsitzenden der anderen Parteien im Deutschen Bundestag zu einem Gespräch einladen“, sagte FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt am Donnerstag dem Tagesspiegel. Ziel sei es, nach dem Scheitern des rot-grünen Zuwanderungsgesetzes in Karlsruhe jetzt „eine parteiübergreifende Lösung zu erzielen“. Ein solch wichtiges Thema dürfe nicht „gegen den Willen der Hälfte der Bevölkerung durchgedrückt“ werden, sagte Gerhardt. „Das peinliche Staatsschauspiel von SPD und Union im Bundesrat darf sich nicht wiederholen.“ Gerhardt rief die Bundesregierung zu „mehr Kompromissbereitschaft“ auf und verlangte von der Union, „zügig zu einer klaren Haltung zu kommen“. Das „derzeitige Gestrüpp an Regelungen" sei zu kompliziert. Eine ungeregelte Zuwanderung „kann nicht im Interesse unseres Landes liegen", sagte Gerhardt.

Erste Reaktionen auf Gerhardts Initiative blieben verhalten. Eine Einladung liege noch nicht vor, sagte ein Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Auch ein Sprecher der Grünen im Bundestag wollte den FDP-Vorschlag nicht kommentieren. Er verwies aber darauf, dass die Grünen, die in der Bundesregierung hart für das Zuwanderungsgesetz gekämpft hatten, zu Kompromissen bereit seien, aber kein Gesetz um jeden Preis wollten.

In der „Süddeutschen Zeitung“ deutete Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt Verhandlungsbereitschaft etwa beim Punktesystem an, mit dem die Qualifikation von Zuwanderern bewertet werden soll. Die Punkte-Zuwanderung, die nach Regierungsangaben auf absehbare Zeit nicht benutzt werden soll, aber als Möglichkeit im gescheiterten Gesetz verankert war, ist zum Hauptkritikpunkt der Union in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit geworden. Auch der Unionsforderung nach Integrationskursen für in Deutschland lebende Ausländer stünden die Grünen aufgeschlossen gegenüber: „Es ist ein berechtigtes Interesse der CDU-geführten Länder zu verlangen, dass der Bund da mehr tun muss.“ Ferner seien die Grünen zu Zugeständnissen bei den humanitären Regelungen bereit. „Es geht uns um die Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention, nicht um die Ausweitung von Asylgründen“, sagte Göring-Eckardt. Sie erwarte aber, dass auch die Union in einigen Punkten nachgebe – Hessens Ministerpräsident Roland Koch hatte aber stellvertretend für andere führende Unionspolitiker erklärt, dass er keinen Schritt auf die Regierung zugehen wolle.

Ohnehin wachsen Zweifel, dass noch vor den Landtagswahlen am 2. Februar in Hessen und Niedersachsen ein Kompromiss erzielt werden kann. Thüringens Regierungschef Bernhard Vogel sagte dem MDR: „Ich glaube, es ist klug, die Debatte erst nach dem 2. Februar zu beginnen und nicht vorher.“ Ein Kompromiss im Wahlkampf sei unwahrscheinlich, „sondern den sollte man danach erstreben“. Grundsätzlich sei er aber zu Verhandlungen bereit: „Es muss nicht über alle Passagen geredet werden, aber über einige strittige Punkte.“ Vogel zeigte sich damit offener als andere Unionspolitiker, die von der rot-grünen Regierung erhebliche Korrekturen am Gesetz verlangt hatten.

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, sieht Einigungschancen – nach den Wahlen. „Wenn sich der Pulverdampf des Wahlkampfes in Hessen und Niedersachsen verzogen hat, wird man notwendigerweise miteinander reden müssen“, sagte er der Agentur dpa. Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) betonte, es wäre „Staatstheater zweiter Akt“, wenn „eng beieinander“ liegende Positionen der Parteien nicht zu einem vernünftigen Gesetz zusammengeschrieben werden könnten. Gabriel will das Thema aber auch in seinem Wahlkampf nicht ausklammern. Der „Berliner Zeitung“ sagte er: „Ich habe keine Angst vor dem Thema.“

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