zum Hauptinhalt

Politik: FDP will nicht als Sicherheitsrisiko gelten

Nach den Anschlägen ringen die Liberalen im Wahlkampf mit ihren bürgerrechtlichen Positionen

Berlin - Die innere Sicherheit, das war in Wahlkampfzeiten immer die Bastion der Union. Jetzt indes wächst nach den Terror-Angriffen auf London bei CDU und FDP geradezu die Sorge vor einem Wahlkampf um die Innenpolitik, der die potenziellen Koalitionäre in schwere Konflikte stürzen könnte. Die Liberalen sehen die Gefahr, wegen ihrer offensiven Verteidigung der Bürgerrechte von Union und SPD als Sicherheitsrisiko abgestempelt zu werden. Die CDU warnt die FDP im gemeinsamen Interesse bereits vor allzu libertären Positionen.

Dass die FDP durch die Anschläge in eine schwierige Lage gekommen ist, wird bei den Liberalen am Tag danach offen ausgesprochen. „Es besteht die Gefahr, dass wir in die Ecke des Sicherheitsrisikos gestellt werden“, räumt der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Rainer Funke, im Gespräch mit dem Tagesspiegel ein. Die Liberalen dürften ihre klare Positionierung deshalb aber nicht preisgeben. „Mein Rat an die Parteiführung wäre, im Wahlkampf standhaft zu bleiben und keine Abstriche zu machen.“ Für die FDP müsse bei der Abwägung zwischen der Freiheit der Bürger und deren Sicherheitsinteressen immer der Satz gelten: „Im Zweifel für die Freiheit.“

Die Parteiführung jedoch will dieser klaren Entscheidung noch ausweichen und versucht den Spagat. „Wir Liberalen stehen für die wehrhafte Demokratie, die rechtsstaatlich, aber deswegen nicht weniger entschieden Gewalt und Terror bekämpft“, formulierte Westerwelle am Freitag. Konkret bedeutet das für die Linie der Liberalen: Nein zu neuen Sicherheitsgesetzen. Ja zur besseren Umsetzung bestehender Regelungen. „Es gibt keinen Bedarf für neue Gesetze“, sagt der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Max Stadler. Die FDP sei aber „selbstverständlich bereit, Hinweise der Sicherheitsexperten aufzunehmen und in der Praxis gebenenfalls etwas zu verbessern, etwa beim Informationsfluss zwischen den Behörden.“ Der Forderung von Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) nach einer Sicherheitsverwahrung von Terrorverdächtigen erteilte Stadler aber eine klare Absage: „Mit der FDP sind grundgesetzwidrige Vorschläge wie der von Herrn Beckstein nicht zu machen.“ In der FDP- Zentrale, dem Thomas-Dehler-Haus, glaubt man eher nicht, dass die Anschläge die strategische Ausgangslage der Partei für den Bundestagswahlkampf verändern. „So schrecklich der Terror auch zugeschlagen hat, so unklar ist es doch, wie sich das in die deutsche Innenpolitik übersetzt – und ob überhaupt“, heißt es aus der Umgebung Westerwelles.

Ginge es nach der CDU, so müsste sich die FDP sehr wohl noch bewegen. CDU- Fraktionsvize Wolfgang Bosbach bewertete am Freitag das Beharren der FDP sehr skeptisch. „Die FDP hat sich entschlossen sich als Bürgerrechtspartei zu profilieren und damit bei den Wählern der Grünen Stimmen zu gewinnen.“ Im Hinblick auf das gemeinsame Wahlziel kritisierte Bosbach diese Strategie als „nicht sehr erfolgversprechend“.

Becksteins Forderung an die FDP ist noch deutlicher: „Die Liberalen werden die Anschläge in London in ihre Positionierung im Wahlkampf einbeziehen müssen“, sagte er dem Tagesspiegel. Der CSU-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass der neue FDP-Innenminister in Nordrhein-Westfalen für andere Akzente der Liberalen sorgen werde. So werde sich zeigen, dass die Sicherheitsgesetze dauerhaft greifen müssten. „Wir müssen von einer längerfristigen Bedrohung durch Terrorismus ausgehen“, sagte Beckstein. Er forderte erneut, die Union müsse im Falle eines Regierungswechsels das Innenministerium übernehmen. „Sicherheit ist unsere Kernkompetenz“, sagte er.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false