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Netanjahu kündigt vorgezogene Neuwahlen an.

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Update

Fehlende Mehrheit im Parlament: Netanjahu ordnet rasche Neuwahlen in Israel an

Zu Beginn des Schicksalsjahrs 2013 gehen die Israelis wieder zur Wahlurne. Netanjahu setzt auf Neuwahlen, um sich vor einer möglichen Konfrontation mit dem Iran eine breitere Machtbasis zu verschaffen.

Der Blick ernst, die Finger trommeln hart auf das Pult: Mit dramatischer Geste kündigt der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstagabend parlamentarische Neuwahlen im Land an. „So schnell wie möglich“ müsse gewählt werden, um die Interessen des Staates Israel zu sichern, sagt der 62-jährige Vorsitzende der rechtsorientierten Likud-Partei. Er gilt bei den vorgezogenen Wahlen als klarer Favorit.

Netanjahu spricht von einem kurzen, dreimonatigen Wahlkampf, um den Schaden in Grenzen zu halten. Damit wären Neuwahlen schon im Januar zu erwarten. Mehrere Kommentatoren nennen jedoch den 12. Februar als Wunschdatum Netanjahus. Mit den vorgezogenen Wahlen will der Regierungschef sich vor schicksalhaften Entscheidungen eine breitere Machtbasis im Parlament verschaffen. Gegenwärtig verfügt seine rechtsorientierte und siedlerfreundliche Koalition nur über eine schmale Mehrheit von 66 der 120 Parlamentssitze.

Bei seiner jüngsten „Bomben“-Ansprache vor der UN-Vollversammlung hatte Netanjahu gewarnt, der Iran werde im Frühjahr oder spätestens im Sommer kommenden Jahres die zweite Phase der Urananreicherung auf eine Konzentration von etwa 20 Prozent abgeschlossen haben. Dort verlaufe für ihn die „rote Linie“. „Wir müssen sicherstellen, dass der Iran keine Atombombe bekommt“, sagte er auch während seiner Ankündigung am Dienstagabend. Israel hat immer wieder betont, dass es eine nukleare Aufrüstung Teherans notfalls auch mit Gewalt verhindern will - mit oder ohne Hilfe des mächtigen Verbündeten USA.

Die große Unbekannte im anstehenden Wahlkampf ist allerdings der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl am 6. November. Mitt Romney gilt als besonders israelfreundlich, während das Verhältnis von Netanjahu und Amtsinhaber Barack Obama angespannt ist. Netanjahu gibt sich siegesgewiss. Seine Regierung, die bis zu den Neuwahlen Anfang 2013 immerhin vier Jahre im Amt gewesen sein wird, sei „die stabilste in den vergangenen Jahrzehnten“, erklärte er in Jerusalem. Vorgezogene Neuwahlen sind in Israel nichts Außergewöhnliches, sondern eher die Regel.

Netanjahu sitzt in der Tat viel fester im Sattel als die meisten seiner Vorgänger. Gescheitert ist er aber zuletzt bei den Versuchen, sich mit seinen fünf Koalitionspartnern auf einen vernünftigen Haushalt für das kommende Jahr zu einigen. Vorgesehen waren strenge Kürzungen. Die vielen kleinen Splitterparteien im Parlament - wie etwa die strengreligiöse Schas-Partei - kämpfen jedoch erbittert für die Partikularinteressen ihrer eigenen Wählerschaft. Netanjahu nennt die Uneinigkeit über das Budget als einen der Gründe für die vorgezogenen Wahlen. „Ich kann es nicht zulassen, dass der Haushalt aus allen Nähten platzt“, sagte er.

Die Oppositionsparteien reagierten am Dienstagabend durchwegs positiv auf die Ankündigung. „Die Regierung ist total gelähmt“, sagte Izchak Herzog von der sozialdemokratischen Arbeitspartei. „Es ist wirklich an der Zeit für eine neue Abstimmung.“

Netanjahu hatte im Mai schon einmal Neuwahlen binnen vier Monaten angekündigt. In einem Überraschungscoup hatte er jedoch zwei Tage später eine große Koalition mit der oppositionellen Kadima-Partei gebildet. Der Pakt mit Kadima zerbrach jedoch im Juli an einem Streit über die allgemeine Wehrpflicht. Seither wurde mit vorgezogenen Neuwahlen gerechnet. (dpa)

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