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Politik: Fehlschlag mit der eisernen Faust

USA wollen im Irak künftig auf mehr Kooperation setzen

Nachdem der US-Oberbefehlshaber im Irak, General Ricardo Sanchez, eingeräumt hat, dass die US-Armee mit ihren harschen Methoden sich mehr Feinde als Freunde macht, hat US-Außenminister Colin Powell bestätigt, dass die US-Armee im Zweistromland künftig über die „eiserne Faust“ den Samthandschuh ziehen wird. Denn die Strategie der vergangenen Wochen, durch harte Militäraktionen den Widerstand in der Bevölkerung zu brechen, hat sich als Bumerang erwiesen. Viele Iraker, ursprünglich der Supermacht freundlich gesinnt, entwickeln wachsende Animositäten.

Die Liste der Beschwerden ist lang. Wiederholt wird US-Soldaten vorgeworfen, die allerdings selbst täglich zum Ziel von mehreren Anschlägen werden, erst das Gewehr zu ziehen, bevor sie eine Situation einzuschätzen versuchen. Dabei komme eine wachsende Anzahl von Menschen, darunter zahlreiche Kinder, ums Leben. Bei einer Großoperation im Juli wurden bei 143 Razzien im ganzen Land 700 angebliche Anhänger des alten Regimes und Kriminelle festgenommen. Iraker beklagen, dass viele gewöhnliche Bürger unter ihnen seien, dass die US-Taktik zu aggressiv sei und keine Rücksicht auf die irakische Kultur und Tradition nehme. Als Beispiel führt man Verhörmethoden an, bei denen amerikanische Soldaten vor der versammelten Familie einen Sack über den Kopf des Vaters stülpen, ihn niederknien lassen und versuchen, ihn zu Geständnissen zu zwingen. Dies verletze die Würde des Familienoberhauptes, damit auch die der gesamten Familie, und schaffe so einen Nährboden für Widerstandskämpfer.

Häufig, so heißt es, würden US-Soldaten bei Hausdurchsuchungen große Mengen Bargeld in der Annahme beschlagnahmen, es handle sich um kriminell erworbenes, obwohl nach irakischer Tradition Ersparnisse häufig in Geldscheinen daheim aufbewahrt werden. Zudem haben die US-Besatzungsbehörden in jüngster Zeit immer mehr lokale Journalisten festgenommen, die über den anhaltenden Widerstand und repressive Maßnahmen der Amerikaner berichtet hatten. Die Schließung der Zeitung „Al-Mustaqila“ im Juli wurde von amerikanischer Seite mit einem Artikel gerechtfertigt, der den Titel trug: „Tod allen Spionen und jenen, die mit den USA kooperieren“.

Washington will nun die Iraker zunehmend zu Sicherheitsaufgaben heranziehen, kündigte Außenminister Powell an. So könnten sich die amerikanischen Truppen aus denjenigen Städten zurückziehen, in denen Ruhe herrscht, und sie der Verantwortung der Iraker übergeben. Bei der Suche nach Verdächtigen sollen US-Soldaten und irakische Sicherheitskräfte künftig zusammenarbeiten und gemeinsam um Erlaubnis zur Durchsuchung von Gebäuden bitten, statt – wie bisher – einfach in die Häuser einzudringen. Auch Moscheen sollten zuerst von Irakern selbst durchsucht werden. Solche Methoden wenden die Briten seit Kriegsende im Südirak an. In Bagdad sind derzeit aber nur rund 5500 irakische Polizisten im Einsatz, ein Drittel der geplanten Anzahl. Im ganzen Land agieren 33 000 Polizisten, doppelt so viele sind geplant.

Birgit Cerha[Beirut]

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