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Politik: Feindliche Kameraden

Obwohl NPD und DVU eine Allianz gebildet haben, könnte die Szene vor einer Spaltung stehen

Von Frank Jansen

Berlin - Nach dem Bundesparteitag der NPD steht das rechtsextreme Spektrum offenbar vor einer paradoxen Entwicklung. Die von NPD und DVU am Wochenende im thüringischen Leinefelde demonstrierte Einigkeit scheint nach Ansicht von Verfassungsschützern das ultrarechte Lager gleichzeitig zu stärken und zu schwächen. Vor allem bei der dritten rechtsextremen Partei, den Republikanern, sei nun eine Zerreißprobe zu erwarten, sagte der Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, Heino Vahldieck, am Montag dem Tagesspiegel. Republikanerchef Rolf Schlierer hatte am Sonntag Avancen der NPD brüsk zurückgewiesen. Teile der Basis befürworten aber eine Allianz der „nationalen Rechten“. Sollte der betont bieder auftretende Schlierer auf dem Parteitag der Republikaner Ende November an der Abgrenzung festhalten, „könnte dies zu Spaltung und Niedergang führen“, sagte die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, dem Tagesspiegel.

In Sachsen haben die Republikaner in diesem Jahr dem aggressiven Werben der NPD bereits Tribut zollen müssen. Mehrere Mitglieder, darunter auch einstige Funktionäre, verbündeten sich im Kommunalwahlkampf mit der NPD. Kurz vor der Landtagswahl trat sogar die ehemalige Landeschefin der Republikaner, Kerstin Lorenz, zu den Nationaldemokraten über. „Vielleicht stand Frau Lorenz schon vorher auf der Gehaltsliste der NPD“, giftete am Montag die stellvertretende Bundesvorsitzende der Republikaner, Uschi Winkelsett. Von einer drohenden Zerreißprobe will sie aber nichts wissen. „Das ist Wunschdenken der Verfassungsschutzämter“, sagte Winkelsett dem Tagesspiegel. Auf dem nächsten Bundesparteitag würden „über 90 Prozent“ der Delegierten Parteichef Schlierer unterstützen. Unterdessen wurde bekannt, dass die Republikaner ein Bündnis mit den ebenfalls ultrarechten Gruppierungen Deutsche Partei und Deutsche Soziale Union geschlossen haben.

Verfassungsschützer halten Kontroversen auch in den Neonazi-Kameradschaften für wahrscheinlich. „Ein Teil geht jetzt hinüber zur NPD“, sagte Hamburgs Verfassungsschutzchef Vahldieck. Nach dem Erfolg der NPD bei den Landtagswahlen in Sachsen „denken jetzt viele Neonazis: Join the winning team“. Vor dem Bundesparteitag waren vier Szeneanführer der NPD beigetreten. Einer von ihnen, der vorbestrafte Thorsten Heise, wurde jetzt auf dem Parteitag in den Bundesvorstand gewählt. Am Wochenende war aber auch der Riss zu erkennen, der durch die Szene führt: Während die NPD-Delegierten in Thüringen zusammentraten, dirigierte in Potsdam der Neonazi Christian Worch demonstrativ einen Aufmarsch seiner Anhänger. Worch hält der NPD-Führung vor, sie setze sich zu wenig mit der Existenz von V-Leuten in der Partei auseinander. Im Disput zwischen Worch und der NPD werde künftig aber wahrscheinlich nur eine Minderheit der etwa 160 Kameradschaften zu dem Szeneanführer halten, sagte Vahldieck. Er hält allerdings auch einen „Spagat“ der Neonazis für denkbar: der NPD beitreten und in der Kameradschaft bleiben.

Für die DVU sieht Vahldieck das Bündnis mit der NPD fast schon als letzte Chance. Obwohl die DVU in Brandenburg im September wieder in den Landtag einzog, sei die Partei überaltert und dabei, „in sich zusammenzufallen“. DVU-Chef Frey, millionenschwerer Verleger aus München, war in Leinefelde gemeinsam mit NPD-Chef Udo Voigt aufgetreten. Vahldieck glaubt, dass das Bündnis bis zur Bundestagswahl 2006 hält – aber die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt.

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