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Fernsehen: Privatsender fordern Werbestopp bei ARD und ZDF

Nach den jüngsten Schleichwerbungsvorfällen in der ARD haben Privatsender ein Ende jeglicher Werbung in den öffentlich- rechtlichen Sendern gefordert. RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler sagte am Montag beim Medienforum NRW in Köln, er sei für eine faire Teilung - Gebühren für die Öffentlich-Rechtlichen, Werbung für die Kommerziellen.

Köln (04.07.2005, 14:04 Uhr) - Auch Geschäftsführer Georg Kofler vom Abo-TV-Sender Premiere verlangte den völligen Rückzug von ARD und ZDF aus dem kommerziellem Bereich. ZDF-Intendant Markus Schächter wies das zurück: «Wir werden hier nicht freiwillig das Feld räumen.» Und Fritz Pleitgen, Intendant des Westdeutschen Rundfunk (WDR) wehrte sich gegen die Verknüpfung der beiden Themen: «Schleichwerbung und offene Werbung haben nichts miteinander zu tun.» Die ARD war jüngst in die Kritik geraten, weil die Produktionstochter Bavaria über Jahre vor allem in der Serie «Marienhof» Schleichwerbung transportiert hatte. Unter anderem wurden zwei verantwortliche Produzenten entlassen, Geschäftsführer Thilo Kleine wurde abgemahnt.

Pleitgen räumte zugleich ein, dass die Schleichwerbung in den ARD- Serien dem Image des Senders geschadet hätten. «Das ist eine für uns hoch peinliche Angelegenheit.» Nach den Konsequenzen bei der Münchner Produktionsfirma Bavaria werde es solche geheimen Werbebotschaften in Serien künftig aber nicht mehr geben, sagte Pleitgen bei einer Diskussionsrunde, die von Sandra Maischberger moderiert wurde.

Zuvor hatte der neue nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) die Schleichwerbung gegeißelt: «Sie unterminiert die Glaubwürdigkeit. Ich finde sie im öffentlich- rechtlichen Rundfunk inakzeptabel.» ARD und ZDF müssten ihre kommerziellen und ihre öffentlich-rechtlichen Aktivitäten strikt trennen.

Damit lieferte Rüttgers eine Vorlage, die sich die Vertreter der Privatsender auf dem Podium nicht entgehen ließen. Bei ARD und ZDF gebe es strukturelle Defizite bei Kontrolle und Transparenz, sagte Kofler. Die Sender hätten sich ständig auf kommerzielles Neuland wie zum Beispiel das Sponsoring im Hauptabendprogramm vorgearbeitet. «Warum haben wir die nicht längst in unsere kommerzielle Landschaft eingegliedert?», fragte Kofler.

Werbespots sind bei den Öffentlich-Rechtlichen nur bis 20.00 Uhr erlaubt. Danach preisen Firmen aber vor und in vielen Sendungen ihre Sponsorenrolle an. Pleitgen sprach sich dafür aus, sich teilweise aus dem Sponsoring zurückzuziehen. «Wir sollten Sponsoring nach 20.00 Uhr nicht mehr machen außer beim Sport.» Ohne Sponsoring sei Ereignissport aber nicht finanzierbar, fügte Schächter hinzu.

ProSiebenSat.1-Vorstandsmitglied Hubertus Meyer-Burckhardt verlangte den kompletten Verzicht von ARD und ZDF auf die 70 Millionen Euro Sponsorengelder jährlich. Zum Ausgleich sollten Landesmedienanstalten zusammengelegt und die Einsparungen fürs Programm genutzt werden. In einem zweiten Schritt müssten die Öffentlich-Rechtlichen ganz auf Werbung verzichten und dafür notfalls die Gebühren erhöhen, sagte Meyer-Burckhardt.

Schächter bezifferte die dann nötige Erhöhung auf 1,50 Euro im Monat und lehnte diesen Schritt ab. Er bekannte sich aber auch grundsätzlich zur Fernsehreklame: «Wer keine Werbung in seinem Programm hat, dem fehlt etwas.» Werbung zwinge die Öffentlich- Rechtlichen, sich am Markt zu orientieren.

Konstantin Neven DuMont vom Kölner Verlag M. DuMont Schauberg warnte davor, dass die Kommerzialisierung der Medienangebote zu einer Zweiklassengesellschaft führe. Die Infoelite zahle für werbefreie Information, während die Nutzer kostenloser Angebote versteckter Werbung ausgesetzt seien. «Es ist wichtig, den Mediennutzern beizubringen, zwischen Inhalten und versteckter Werbung zu unterscheiden.» (Von Jürgen Hein, dpa)

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