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Ruft zur Übernahme von mehr deutscher Verantwortung in der Welt auf - Joachim Gauck.

© dpa

Festakt zu 25 Jahre Montagsdemo in Leipzig: Joachim Gauck: "Die DDR war ein Unrechtsstaat"

Beim Festakt in Leipzig wird Joachim Gauck deutlich: „Die DDR war ein Unrechtsstaat, Willkür regierte das Land." Ausdrücklich wiederholte der Bundespräsident seine Forderung nach einer stärkeren Rolle Deutschlands in der Welt.

Bundespräsident Joachim Gauck hat bei einem Festakt in Leipzig die friedliche Revolution vor 25 Jahren als „epochale Zäsur“ gewürdigt und an das Unrecht in der DDR erinnert. Dort habe ein Klima der Angst und Ohnmacht geherrscht. „Die DDR war ein Unrechtsstaat, es gab keine unabhängige Gerichtsbarkeit, Verwaltungsgerichte oder ein Verfassungsgericht existierten nicht, Willkür regierte das Land.“ In diesem „Klima der Angst und der Ohnmacht“ hätten sich viele angepasst und dem Druck nachgegeben. Am 9. Oktober 1989 waren in Leipzig mehr als 70 000 Menschen auf die Straße gegangen, um Freiheit und Demokratie zu fordern. Unter dem Ruf „Wir sind das Volk“ zogen sie durch die Stadt. Nur einen Monat später, am 9. November, fiel die Berliner Mauer.

Gauck betonte: „Hier und heute sagen wir es noch einmal ganz deutlich: kein 9. November ohne den 9. Oktober. Vor der Einheit kam die Freiheit.“ In seiner „Rede zur Demokratie“ würdigte Gauck auch die DDR-Bürger, die dem Staat den Rücken kehrten. Damals habe auch er selbst dies nicht so gesehen, sagte Gauck. „Wir fühlten uns damals von ihnen im Stich gelassen.“ Erst später habe man begriffen, dass auch diese Menschen große Bedeutung für die Delegitimierung der DDR besaßen. Auch mehrere Kinder Gaucks verließen die DDR in Richtung Bundesrepublik.

Eine Revolution „ganz ohne Racheakte und Selbstjustiz“

Gauck würdigte den Mut der DDR-Bürger, die aller staatlichen Gewaltandrohung zum Trotz friedlich für Frieden und Demokratie demonstriert hätten. Es sei eine „wahrhafte Revolution“ gewesen, „ganz ohne Racheakte und Selbstjustiz“. Er erinnerte an die Bedeutung der entscheidenden Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig. Dabei verwies er auch auf die „enorm wichtige Rolle“ der Kirchen und Christen für die Friedliche Revolution.

Ausdrücklich wiederholte Gauck seine Forderung nach einer stärkeren Rolle Deutschlands in der Welt. „1989/90 glaubten wir, mit dem Ende des Kalten Krieges stehe Europa vor einem Jahrhundert des Friedens“, sagte er. Stattdessen sei man konfrontiert mit Terrorismus, Gewalt und Bürgerkrieg. „Wir haben miteinander neu darüber nachzudenken und darüber zu bestimmen, welche Mitverantwortung Deutschland angesichts dieser veränderten Lage für die ,Eine Welt’ zu tragen bereit ist. Das Staatsoberhaupt ergänzte, einfach sei es nicht, das Prinzip Verantwortung nicht nur im eigenen Lebensbereich, sondern auch in der europäischen und globalen Dimension zu praktizieren. „Aber war es je einfach, der Freiheit und dem Recht zum Sieg zu verhelfen?“ fragte er.

Am 9. Oktober 1989 demonstrierten in Leipzig nach offiziellen Angaben 70.000 Menschen mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ friedlich für Demokratie und Freiheit. Polizei, Stasi und Armee hatten zunächst den Befehl, die Demonstration wie bereits in den vorherigen Tagen gewaltsam aufzulösen. Die SED-Machthaber kapitulierten jedoch vor der unerwartet großen Menschenmasse, und es kam zu keinerlei Gewaltanwendung. Seitdem gilt der 9. Oktober als historischer Durchbruch für die Friedliche Revolution. Vier Wochen später fiel die Mauer. (dpa, KNA)

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