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Politik: Fette Jahre

Finanzminister Steinbrück will 2011 einen schuldenfreien Haushalt vorlegen – zu spät, sagt die Opposition

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Oppositionspolitiker von Grünen und FDP werfen der großen Koalition vor, trotz der guten Konjunktur auf Jahre hinaus weiter Milliardenschulden zu machen. Wenige Tage bevor Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) den Etat des Bundes für 2008 und die Planungen bis 2011 dem Kabinett und dem Haushaltsausschuss vorlegen will, sprach der Vorsitzende des Ausschusses, Otto Fricke (FDP), von „Verschwendung“ der Milliardensteuermehreinnahmen, die die boomende Konjunktur dem Bund in die Kassen spült. Dem Tagesspiegel am Sonntag sagte Fricke, es sei „unverantwortlich, wenn die Regierung jetzt weiter aufs Schuldenmachen setzt und neue langfristige Ausgabenprogramme ohne Gegenfinanzierung plant“.

In der Tat kann der Finanzminister nach der Steuerschätzung vom Mai bis 2011 mit rund 90 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als noch bei der letzten Etataufstellung. Allein für nächstes Jahr hatten ihm die Steuerschätzer knapp 20 Milliarden Euro mehr für seine Planungen bescheinigt. Dennoch will Steinbrück die Neuverschuldung gegenüber den Planungen nur von 21,5 auf knapp unter 13 Milliarden Euro senken, wie am Wochenende bekannt wurde. Damit würde nur knapp die Hälfte der Steuermehreinnahmen zum Schuldenabbau genutzt. Und ähnlich sieht es auch in den Folgejahren aus. Erst 2011 plant der Minister einen schuldenfreien Etat.

Dies nannte der FDP-Haushaltsexperte Fricke „viel zu spät“. Niemand könne mit Sicherheit davon ausgehen, dass der gegenwärtige Wirtschaftsboom anhalten und dauerhaft Steuermilliarden in die Bundeskasse spülen werde, weshalb Fricke davor warnte, „dass wir wieder in eine Falle tappen“, wenn das Wachstum in einigen Jahren zurückgeht.

Auch die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Anja Hajduk, warf Union und SPD vor, den Bundeshaushalt „schöner, aber nicht sauberer“ zu machen. „Jetzt, in den fetten Jahren, müssen wir sparen“, sagte sie. Nur so sei der Bund auf die nächste Schwächephase der Konjunktur vorbereitet. Als „enttäuschend“ bezeichnete es Hajduk, dass die Regierung im nächsten Jahr trotz Privatisierungen noch mehr als zehn Milliarden Euro Schulden machen will. Angesichts der Milliardensteuermehreinnahmen sei es „mit ein bisschen Anstrengung möglich, schon 2009 einen ausgeglichenen Haushalt zu haben“, sagt die Grünen-Politikerin.

Fricke wie Hajduk kreiden Steinbrück insbesondere an, keinerlei adäquate Gegenfinanzierung für neue Ausgabenprogramme vorzusehen und damit den Etat für die Zukunft mit größeren strukturellen Ausgaben zu belasten. Dies betrifft sowohl rund 19 Milliarden Euro zusätzliche Bundeszuschüsse für die gesetzliche Krankenversicherung als auch rund zehn Milliarden Euro Mehrausgaben, die auf die einzelnen Ressorts verteilt werden sollen. Statt diese neuen Mehrausgaben zu planen, forderte Fricke eine „strukturelle Sanierung“ des Haushaltes.

Der Etatentwurf des Bundes für 2008 und die Planungen bis 2011 werden nach der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet. Nicht darin enthalten sind die vier Milliarden Euro zum Ausbau der Kinderbetreuung. Dieses Geld soll schon 2007 aus den Steuermehreinnahmen finanziert und ausgegeben werden.

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